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110208 Der Schmied und die Erzarbeiter des Alten Reiches
Eine Beschreibung mit
Anmerkungen zur Dokumentation von Bernd Scheel:
Studien zum Metallhandwerk
im Alten Ägypten I
Handlungen und Beischriften
in den Bildprogrammen
der Gräber des Alten
Reiches. SAK 12, 1985, Bernd Scheel.
Seite 118, 1. Einleitung
Aus dem Bereich der materiellen Produktion im Alten Ägypten
sind uns zahlreiche ikonographische und einige schriftliche Quellen erhalten,
die in beschränktem Maße Einblick in die Handlungen des täglichen Lebens, das
Handwerk, die Künste etc. der alten Ägypter geben.
Als erster Beitrag von Studien zum Metallhandwerk soll im
folgenden eine Analyse zu den Tätigkeiten der Metallarbeiter gegeben werden,
wie sie im Flachbild der Gräber des Alten Reiches dargestellt sind. Es sollen
die von den Arbeitern bzw. Handwerkern angewandten Verarbeitungstechniken und
die als Beischriften auftretenden Handlungserläuterungen, Titel- und
Berufsangaben, Reden und Gegenreden der Metallarbeiter untersucht werden.
Ab Seite 119 erfolgt die Quellenangabe von 28 Reliefdarstellungen die als Referenzobjekte besprochen werden.
Ab Seite 122 beschreibt
Bernd Scheel in Tabelle 1, die Zusammenstellung der Handlungen und
Aufgliederung in 21 belegte Tätigkeiten der Metallarbeiter.
Anmerkung zur Tabelle 1:
Der wichtigste Punkt meiner Betrachtung liegt dabei in der
Unterscheidung zwischen Buntmetall- (unedle Metalle) und
Edelmetallschmelzern.
Von den gelisteten insgesamt 28 Quellen entfallen 5 auf die
Gold- und Edelmetallverarbeitung. Sieben Reliefe sind nur fragmentarisch
erhalten. Es verbleiben 16 überlieferte Handlungen von Metallarbeitern, die
Tätigkeiten vom Rohmetallwiegen, Metallschmelzen und das Blechtreiben
beschreiben. Fünf davon beinhalten zusätzlich das Schmelzausgießen, wobei nicht
ersichtlich wird, ob es sich um das Gießen von Rohmetall in eine Form oder um
das Abgießen von Schlacke handelt. Es verbleiben 12 von 28 Quellen die Angaben
zum Wiegen, Schmelzen und Hämmern von unedlen- bzw. Buntmetallen bekunden.
Bei den Edelmetallverarbeitern sind explizit die Metalle
Gold, Silber und Elektrum von den Schreibern des Alten Reiches überliefert. Ab
der 6. Dynastie auch die Handwerkerbezeichnungen wie z.B. “Goldarbeiter“.
Ein
Phänomen ist, dass B. Scheel und die von ihm zitierten Abhandlungen / Autoren
die verbleibenden 17 bzw. 12 Reliefe des Alten Reiches als
Verarbeitung von unedlen und Buntmetallen bezeichnen. Abgesehen von Blei und
Zinn, die erst im Neuen Reich bekannt waren, sollte Kupfer und Bronze zumindest
als Kuriosität im Alten Reich bekannt gewesen sein.
Die Annahme, dass
Buntmetalle wie Kupfer und Bronze im größeren Stil verarbeitet wurden, trifft
nicht zu, denn nirgends findet es Erwähnung. Hierzu Beleg 47, Seite 131 “So ist
belegbar, dass Kupfer zumindest im Neuen Reich, z.B. in Form von
Ochsenhautbarren aus Kreta gehandelt wurde; Helck, Beziehungen 118ff“.
Die Inschriften der zuvor genannten Reliefe belegen hingegen
ein gewisses Metall mit dem Namen bj3 (bjA).
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Zu den Textseiten die ausdrücklich bj3 beschreiben:
S. 152 – 153 „… Auch R. Drenkhahns Ausführungen sprechen bei
den Wiegeszenen für die Lesung bj3 und die Übersetzung “Metall“.
S. 154; Anmerkung: Ab dem zweiten Absatz beziehen sich alle
Schreibungen von “Metall“ auf bjA-Metall; anscheinend als bekannt angenommen,
wurde auf die zusätzliche Schreibung bj3 verzichtet.
S. 155, Geschmolzen werden bj3 (Metall) und …
S. 156, Die Rufe und Reden zum Schmelzen… Anmerkung: Auch
hier wird auf die zusätzliche Schreibung von bjA verzichtet, siehe Beleg 95.
Die Signatur des bjA ist bis hierher nicht enträtselt, man
signalisiert, dass es sich um den Namen des Metalls handelt, meint jedoch noch
immer ein Buntmetall. Dass es sich um das Eisen drehen könnte, ahnt man nicht
bzw. schreibt man nicht.
.
Nähere Einblicke erhalten wir bei:
Studien zum Metallhandwerk im Alten Ägypten II
Handlungen und Beischriften in den Bildprogrammen
der Gräber des Mittleren Reiches. SAK 13, 1986, Bernd
Scheel.
S. 200, Zur Begriffsbestimmung bj3 (bjA) Beleg/Diskussion
51
Anmerkung: So langsam kommt auch B. Scheel in Grübeln, weil
er inzwischen feststellt:
„es muss sich hierbei um die materialbezogene Sammelbezeichnung
“Metall“ handeln. Dies belegen die Beischriften im Grab des Ibj (Ibi) in Deir
el-Gebrawi aus der 6. Dynastie; im Grab des Ibj werden bj3 gewogen und
geschmolzen und im Arbeitsprozess unter anderem getrieben“.
“Das könnte darauf
hindeuten, dass bjA den metallurgischen Rohstoff im allgemeinen bezeichnet". …
Erst im Laufe des Alten Reiches bildet sich eine Spezialisierung heraus, wobei
neben dem Metallarbeiter auch ein Metallarbeiter mit dem Werkstoff Gold =
Goldarbeiter nachzuweisen ist.
Siehe hierzu die entsprechenden Belege im Grab des
Wp-m-nfr.t wo der Metallarbeiter bj3
bearbeitet; am Unasaufweg der Metallarbeiter Gold, Silber oder Elektrum
bearbeitet“.
Wir notieren: Das bjA bezeichnet den metallurgischen
Rohstoff, es ist der Name des Metalls.
S. 201, Beleg 55; Die angefügte Diskussion, ob es sich denn
beim bja um Kupfer, Gold oder vielleicht um ein Erz handelt ist symptomatisch
für die spekulativen Erklärungsversuche! Eine endgültige Klärung findet angesichts “mangelhafter
Publikationen“ nicht statt !
S. 202, Erklärungsnöte zum bjA werden als Phänomen
bezeichnet !
.
Ein Jahr später :
Studien zum Metallhandwerk im Alten Ägypten III
Handlungen und Beischriften in den Bildprogrammen
der Gräber des Neuen Reiches und der Spätzeit. SAK 14, 1987,
Bernd Scheel.
S. 263, „Fest steht, dass unter bj3 in unterschiedlichen
Schreibungen eine Werkstoffbezeichnung zu verstehen ist, die in gleicher oder
ähnlicher Form seit dem Alten Reich belegt ist“.
S. 263, Absatz 2: „Bezeichnet bj3 also einen Werkstoff, so
liegt wohl die Lesung bj3 als Metall nahe.
Anmerkung: Ein Metall erhält seinen Namen, man spricht ihn
aber nicht aus.
.
Aktuelles aus dem Jahr 2003:
Archäometrie und Philologie: „Erz des Himmels“ – Meteoreisen oder ( nur ) Hämatit ?
H.-G. Bartel, J. Hallof, 2003. … Trotzdem wird das bj3 bis in die jüngste Zeit
ausschließlich als Eisen verstanden. So werden Anwesenheitsinschriften im Wadi
Hammamat aus der Zeit um 650 v. Chr. im Hinblick auf den Beginn einer
ägyptischen Eisenproduktion diskutiert, da die dort auftretende
Berufsbezeichnung n bj3-n-p.t einen im Bergwerksbetrieb tätigen “Verfertiger
eiserner Werkzeuge“ zugeordnet wird.
Siehe hierzu meinen Beitrag # 53 ff, Deutsche
Forschungsgemeinschaft, Nordost-Afrika: Strukturen und Ressourcen,
Sonderforschungsbereiche; Seite 294: “Marine oolithische Eisenerze mit
erheblich anfallender Menge von hämatitischen Feinkornanteil prospektierte man
zu pharaonischen Zeiten in den Lagerstätten der Ostwüste, nachweislich in der
Zeit 1580 – 1350 v. Chr.“.
Zweitens, aus Inschriften der Königsstele des Sesostris I,
Mittleres Reich, 12. Dynastie, ca. 2000 v. Chr., wissen wir von erfolgreichen
Expeditionen in die Ostwüste Wadi Hammamat zur Beschaffung von bjA.
Beide Indizien bestätigen den Erzabbau weit vor der
Quellenangabe auf die sich Bartel/Hallof bezieht. Die postulierte Datierung zum
Beginn einer spätzeitlichen ägyptischen Eisenproduktion insbesondere die
Datierung der Inschriften kann nicht vorbehaltlos hingenommen werden.
Fazit: Die Schreibung bj3 bezeichnet ein bj3-Metall, was
gleichbedeutend ist mit dem bj3-Werkstoff, welches seit dem Alten Reich
überliefert, beschrieben, hergestellt und bearbeitet wurde.
Es wird von uns “Eisen“ genannt.
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Anmerkungen zu den Darstellungen der Reliefs
Das Grab des
Ij-mrjj ( Quelle 3 )
S. 140, „schmelzen des bjA-Metalls“
S. 156, Beleg 95, der Ruf des Schmelzers „nbj.t bj3 ….“
.
Das Grab des
Wp-m-nfr.t ( Quelle 4
), mit Nennungen von bj3 ( bjA )
S. 140, Tabelle 4, Beischriften zum Schmelzen von Metall und
Edelmetall:
„Schmelzen des bj3-Metalls“
S. 145, Tabelle 5 zum Schmelzausgießen: „ Ausgießen des bj3-Metalls“
B. Scheel ergänzt auf S. 166: Es sei die einzig belegte
Handlungsinschrift von insgesamt drei Quellen zum Schmelzausgießen, die mit wdh
bj3 bezeichnet ist.
Anmerkung: Wenn es sich um Eisen handeln kann, ist nicht das
Ausgießen des Metalls gemeint sondern der Schlacke.
Weitere Hinweise hierzu finden wir bei Ppj-cnh ( Quelle 21 )
S. 145 und
S. 167: Die Beischrift enthält den Ruf: „Gib, dass die Schmelze ( die Breie ) herabsteigt
(herabsteigen) zum Abkühlen!“
Offenbar hat der Arbeiter die Aufgabe, das Abkühlen der
Schmelze zu beschleunigen ( mit Wasser benetzen? ) oder zu überwachen.
Anmerkung: Bei den Edelmetallschmelzern spricht man vom schönen Gesicht der Schmelze, nicht
von Breien, und es gäbe keinen plausiblen Grund den Kühlprozess im Formen- oder
Barrenguß durch Abkühlen zu beschleunigen.
Für den Fall der Rennofenverhüttung von Eisen macht es schon
eher Sinn, die schwarzbraune Schlacke als Breie aus der Glut herablaufen zu
sehen. Der Prozess, der im Gegensatz zu den Goldschmelzern, viele Stunden in
Anspruch nimmt, wird von den Blasrohrleuten befreiend herbeigesehnt. Das
Abkühlen der Schlacke ( Breie ) bedeutet weiterhin deren Entnahmemöglichkeit
und dass die Eisenluppe soweit reduziert und aus dem Ofen genommen werden kann.
Der Verhüttungsprozess ist vollendet.
S. 168 ( zu Tabelle 6, S. 145 ) Die Rufe und Reden zum
Blechtreiben geben in lebhafter Weise Auskunft darüber, wie das Blech von den
Metallarbeitern bearbeitet wurde. So ergeht der Ruf von einem Arbeiter an
seinen Kollegen:
„Glühe dies aus, es ist spröde, es ist hell (farbig)es bj3-Metall“
Der Arbeiter weist mit diesem Ausspruch darauf hin, dass das
zu treibende Blech auf dem Amboss durch ständiges Aushämmern mittlerweile
spröde ( trocken, nicht mehr biegsam) geworden ist.
Er verdeutlicht diese Tatsache mit einem Hinweis auf die
helle Färbung des Metalls; denn Metalle lassen sich am besten treiben bzw.
schmieden, wenn sie während des Treibprozesses immer wieder kurz ausgeglüht
werden, wobei sich ihre “Färbung“ durch Erhitzen ( je nach Metallart) auf
Rotglut verdunkelt.
Anmerkung:
Beim verblassen des Zwischenglühens verläuft der Farbton von
gelbhellrot nach hellrot und anschließend zu dunkelrot, es wird also nicht
heller!
Nach dem Zwischenglühen erkaltet das Eisen und bildet auf
der Oberfläche eine schwarze Zunderschicht ( Oxidationsschicht ), welche sich beim
Treiben / Hämmern blättrig ablöst und das darunter liegende hellfarbige
Eisenmaterial zum Vorschein kommt. Spätestens jetzt weist der Schmied seinen
Partner an, das Metall wieder zu erhitzen, da es sich mittlerweile nicht mehr
kneten lässt, evtl. spröde wird und inzwischen auch helles Eisenmetall geworden
ist.
Siehe hierzu S. 169, Beleg 154 “bj3 ssp pw s“ „es ist helles bjA-Metall“.
S. 169 Die Antwort
des Arbeitskollegen auf diesen Ruf lautet:
„Es gibt keinen Hohlraum, wenn sein Ausglühen vortrefflich
ist!“
Der Arbeiter drückt mit seiner Antwort also aus, dass die
Gefahr des Auseinanderbrechens wegen Bildung kleinster Hohlräume bzw. Risse gebannt
sei , wenn das Werkstück nur sachgemäß ausgeglüht wird. … Auch das zugehörige
Determinativ mag ein “Loch“ bzw. einen “Hohlraum“ andeuten.
Anmerkung: Das Treiben von Edel- und Buntmetall erfolgt durch
Hämmern von kleinen gegossenen Fladen- oder Tropfenformen, die weder
Lufthohlräume noch eingeschlossenes Fremdmaterial beinhalten. Das Auskneten von
dünnen Blechen kann befriedigend bis zu einer Abkühltemperatur von ca. 200° C.
ausgeführt werden. Ab einer gewissen handwerklich üblichen Stärke werden die
Bleche zerschnitten und durch Kalthämmern, ohne zusätzliches Aufglühen, zu
Folien ausgedünnt.
Somit trifft ein mangelhaft ausgeführtes Ausglühen, was
Hohlräume verursachen könnte für die Edel- und Buntmetallindustrie nicht zu.
Sinngemäß beschreibt die Gegenrede im Relief des Wp-m-nfr.t
eher das Kneten / Treiben der löchrigen mit Kohleresten durchsetzten
schwammigen Eisenluppe, welche der Grobschmied nur durch vortreffliches
Ausglühen zu einer hohlraumfreien kompakten Masse verdichten kann.
Trotz kleiner Abstimmungsprobleme scheinen sich die
bjA-Arbeiter von den Edel- und Buntmetallerzeugern in ihren individuellen
Tätigkeiten zu unterscheiden. Die Ersteren produzieren immer einen Feststoff (
mit herabfließfähiger Schlacke ) die Zweiten erzeugen immer eine Flüssigkeit,
die erst im Nachhinein zum Festmetall auskühlt, so dass es sich hierbei nur um
Schmelzvorgänge handeln kann.
Fazit: Die Prozeduren, die Reden und Rufe zu den
Darstellungen im Grab des Wp-m-nfr.t
belegen den Vorgang, wie er zur Herstellung von Eisen zu erwarten ist.
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Das Grab des
Ibj (Ibi, Quelle 18)
S. 139, „Wiegen des
bjA“
S. 143, „Schmelzen des bj3 für den Bereich, betreffend die
Werkstatt (?) der (?)“
S. 152, Die Schreibung
des Wiegeprodukts wird als “Metall“ ( bj3 ) übersetzt.
S. 171, Der Ruf im
Grab des Ibj (Ibi) nennt mit … ( schlage Elektrum , mache es zu Blech ) die zu
bearbeitende Metallart. Ob spr im Gegensatz zu p3k.t das vielleicht wertvollere
Elektrumblech bezeichnet, kann nur vermutet werden.
Anmerkung: Dass es sich nicht um Elektrum handelt ist auf
Seite 200, Beleg 51 nachzulesen: „… im Grab des Ibj (Ibi)werden bjA gewogen und
geschmolzen und im Arbeitsprozeß unter anderem getrieben.
Fazit: Die Prozeduren, die Reden und Rufe zu den
Darstellungen im Grab des Ibj belegen den Vorgang, wie es zur Herstellung von
Eisen zu erwarten ist.
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Anmerkung / Allgemeines zu
Ij-mrjj (Quelle 3), Ibj (Ibi, Quelle 18) und Mrr-wj-k3=j ( Merrekuka
Quelle 13):
S. 152, 7.1 Die Beischriften zum Wiegen von Rohmetall und
Metallprodukten
Wie die Tabelle 2 zeigt, wird die eigentliche Handlung des
Metallwiegens nur in 3 Gräbern des Alten Reiches beischriftlich genannt. Die
Schreibung des als Metall ( bj3) übersetzten Wiegeprodukts ist in allen drei
Quellen des Alten Reiches unterschiedlich und die Lesung der unterschiedlichen
Schreibungen allgemein als “Metall“ ist nicht in allen Fällen zweifelsfrei,
nach E. Graefes “Untersuchungen zur
Wortfamilie bj3“ (1971), aber durchaus in bestimmten Zusammenhängen belegbar.
Auch R. Drenkhahns Ausführungen sprechen bei den Wiegeszenen für die Lesung bj3
und die Übersetzung “Metall“.
Anm. zur Anmerkung: Die Metallarbeiterdarstellung des
Merrekuka (Q 13) beginnt links mit dem Rohmetallwiegen, es wird bjA gewogen.
Die nach rechts folgenden Szenen des Metallschmelzens, Schmelzausgießen und
Blechtreibens - die der Edelmetallverarbeitung zuzurechnen sind – werden
oberhalb mit einem Fries aus Edelmetallprodukten gefasst. Diese vielleicht gewollte zeichnerische
Gliederung – aus Platzgründen – erlaubt es dem Grabherren, sein materielles Vermögen
in Form des bjA abzubilden, andererseits auch die qualifizierten
Edelmetallarbeiter auf begrenztem Raum für das Jenseits darzustellen.
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Das Grab des
K3-m-rhw ( Quelle 7, Kaemrehu )
S. 138, zum Wiegen „Es gibt nichts mehr aus / von
bjA-Metall“
S.141, Reden und Rufe zum schmelzen von Metall und
Edelmetall:
„Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders (= der aus der
Feuerstelle aufsteigende, heiße Rauch bzw. Wind).
Gegenrede: „Sokarisbier Fürst / Patron“ oder „Ein Bier! Weil
Sokar der Patron ist!“
S. 185 Wegen der starken Hitze beim Schmelzen fordern die
Handwerker offenbar in scherzhaftem Ton Bier zur Erfrischung von ihrem Aufseher
bzw. Patron. Die Anspielung dabei auf den Gott Sokar ist nicht verwunderlich;
denn Sokar gilt wie Ptah als Schutzherr der Handwerker und Künstler. Er ist
also auch für das Wohl der Metallhandwerker verantwortlich.
Anmerkung: Diese einzige Gegenrede ist nur bei Kaemrehu
belegt. Es deutet vielleicht darauf hin, dass bezüglich des Biertrinkens bei
der Arbeit oder der Bezahlung der Handwerker mit Bier und anderen Naturalien
die bjA-Leute etwas robuster waren als die taktvolleren Edelmetaller.
Zwei weitere dazu passende Aussprüche wären S. 165 ( Q 6):
„Ach, gäbe es doch Faulheit für/beim Sokar, o, dieses
Handwerk ( diese Künste )“
Q 15: „Ich bin müde wegen der Arbeit im Hause meines
Freundes“
Soweit, so gut, von Bernd Scheel, doch bei genauer
Betrachtung des Reliefs von Kaemrehu erschließen sich weitere eisentypische
Merkmale.
Abgesehen von der bjA-Wiegeszene erkennen wir in der
ikonographischen Darstellung der Metallverarbeitung:
I.) links oben, das angelieferte Rohmaterial das Erz;
II.) in der Hauptdarstellung rechts die Verhüttung der Erze; III.) Mittig die Flexibilisierung des Eisens und
IV.) links, das Zwischenglühen.
I.) Der Rohstoff zur Verhüttung / das angelieferte Erz
Auf dem Tisch aufgereiht sind drei prall gefüllte, oben
zusammengebundene wulstige Schlauchtaschen aus Leder oder Textil. Beim
angenommenen Füllvolumen von ca. 8 Litern hätte der Inhalt, wenn es sich um
Gold handeln würde ein Gewicht von etwa 150 kg, bei Eisenerz etwa 24 Kilogramm.
Aus den Inschriften der Eisenoxid-Expeditionen des Cheops
und später seines Sohnes Djedefre zum “Wasserberg des Djedefre“ ( Carlo-Bergmann.de
; K.P. Kuhlmann ; meine Beiträge # 76 – 77 auf Seite 13 ) wissen wir, dass der Transport des Minerals
mit Eseln erfolgte. Cheops ließ innerhalb von zwei Jahren ca. 60 Tonnen Eisenerz
abbauen.
Die vollen Schlauchtaschen als gut tragbare und auf Eseln
transportierbare Verpackung garantieren den sicheren Versand und die Lagerung
von schweren Sanden. Dem Grabherren war also daran gelegen, auch die zu
verarbeitenden Rohstoffe den Arbeitern bildlich zur Verfügung zu stellen.
Zur Qualität der Eisenerze:
Die chemische Analyse zum Eisenoxid / Hämatit-Erz vom “Wasserberg des Djedefre“ aus dem
Wüstenbezirk Dachla ergab, dass nach Absieben der Sandkörnung und Ausmahlen des
Quarzfeinanteils ein Eisenerz mit ca. 46 % Al-Tonerde, 4 % Nebengemengteilen
und 50 % Fe2O3 Hämatit ( Eisenoxid ) raffinierbar wird. Die Pyramidenbauer um
die Zeit des Cheops verfügten somit über eines der besten Eisenerze. Wir wissen
aus latenezeitlichen Armerzlagerstätten, dass diese Hüttenleute mit 30 – 35 %igen Fe2O3-Gehalt zurecht
gekommen sind.
II.) Die Gewinnung
des Metalls durch Verhütten der Erze
II.a.) Vorwort: Nutzungsbedingt schmelzen die Edel- und
Buntmetallverarbeiter ( soweit letztere ihre Berechtigung im Alten Reich hätten
) ihre Ware in Doppelschmelztiegel, wie sie als unverkennbares Merkmal
überliefert sind: erkennbar an kleineren nach unten-außen ausgebauchten,
hornartigen Behältnissen, die zur Herstellung von flüssigem, gießbarem Metall
geeignet sind. Um die Schmelztemperatur
z.B. bei Gold von 1063°C zu
erreichen, bedarf es kurzfristig höherer Temperaturen um die Masse durchgehend
zu verflüssigen, was durch vier, meistens durch sechs aktive Blasrohrleute
bewältigt wird. Die direkte Sauerstoffzufuhr mittels Blasrohr wird, wie es auch
der verhüttungstechnischen Richtigkeit entspricht, genau in die hornartige
Öffnung des Schmelzbehälters zugeführt und sollte bis zum – bzw. auch während
dem –Ausgießen aufrechterhalten werden.
Das in dieser besprochenen Studie erwähnte “Schmelztragen“
macht für die Edel- bzw. Buntmetallgießerei überhaupt keinen Sinn, denn mit dem
Abklingen des Energieüberschusses, der die entsprechenden Metalle flüssig hält,
also spätestens mit dem Absetzen des Mundgebläses, sinkt die Temperatur des verflüssigten
Metalls in Sekunden auf den Schmelzpunkt ab, welcher mit dem Erstarrungspunkt
gleichzusetzen ist.
Schmelztragen wäre nur in Tiegeln realistisch, in denen
abgelaufene Schlacke zum Ausgießen, bzw. zum herausnehmen und durch Tragen von
A nach B von Vorteil erscheint, was ausschließlich der Eisenverhüttung
zuzuschreiben ist. ( Quelle: Eigene Versuche; Prof. Dr. H. Moesta, Erze und
Metalle- ihre Kulturgeschichte im Experiment ).
II.b.) Beschreibung
des Rennofens und die Verhüttung der Eisenerze
Zwei blasrohrpustende Kollegen hocken in aller
Gemächlichkeit am Schacht- oder Rohrofen , bzw. wie er zweitausend Jahre später
für die Hallstätter dann Rennofen genannt wird.
Der hochgebaute rohrähnliche Verhüttungsofen Kaemrehu´s wird
mit Holzkohle, darüber im oberen Drittel mit einer Mischung aus Eisenerz und
Kalk befüllt und darauf eine letzte Schicht wieder mit Holzkohle aufgebracht. Die
Reduktion des Eisenoxides wird 8 – 10 Stunden in Anspruch nehmen, deshalb sind
auch nur zwei Männer mit Blasrohren erforderlich, deren Aufgabe es ist, die
Temperatur in der Glut auf ca. 900° C zu halten.
Der rechte “Schmelzer“ bläst
in die untere Ofenöffnung, die einerseits als Luftansaugfenster zur
Begünstigung der eigenständigen Schlotwirkung des Rohrofens, andererseits im
späteren Verlauf als Sichtfenster für die abfließende Schlacke dient.
Hierzu der Ruf aus Ppj-cnh (Q. 21) „Gib, dass die Schmelze (
die Breie ) herabsteigt (herabsteigen) zum Abkühlen!“.
Der asymmetrische Rohrofen zeigt links unten ein konisch
abgesetztes Ansatzstück. Es könnte sich um eine zweite Luftöffnung handeln,
damit die aufsteigende Heißluft im Ofen zusätzlich Frischluft nachziehen kann,
was den Blasrohrleuten die Arbeit wesentlich erleichterte. Die zweite Variante
wäre, dass es sich um einen Tonverschluss handelt, der eine Öffnung gegen
heraus fallende Holzkohle verdeckt, dann aber zum herauslaufen lassen der
abgesetzten dickflüssigen Schlacke (Breie) am Ofenboden entfernt wird.
Hierzu eine Gegenrede aus der Unedelmetallbranche, Tjj, ( Q
8 ):
„He, rühre / wende ordentlich um!“
Es soll damit die Handlung (nach dem öffnen der Ofenbrust) zum
herausstochern der Breie mit einem Stab durch rühren und wenden des Stabes
verdeutlicht werden, um die zähflüssige Schlacke zum auslaufen zu bringen.
Im Anfangsstadium des Brennprozesses werden im oberen
Mündungsbereich des Rennofens Holzkohle und Erz, manchmal auch kleinere Luppen
vorsichtig zugegeben und ebenso mit dem Blasrohr aufgeglüht. So, wie es die
Zeichnung des linken Blasetechnikers als auch die kuppelartige Erhöhung des
Ofens darstellt.
III.) Die Flexibilisierung des Eisens
Die dominierende Figur in der Mitte des Reliefs ist der
Schmied. Bei den Edelmetallproduzenten werden Bleche oder Folien getrieben.
Anders bei Kaemrehu, hier bearbeitet man ein massives Stück Metall, was
inzwischen zu einer starken Platte, Riegel oder Stab ausgehämmert wurde. Die
zentrale Position des Schmiedes als Hauptfigur wird dadurch verständlich, dass
er die Luppe / das Rohmetall zum erstmaligen bearbeiten von den
Verhüttungsleuten (Schmelzern) empfängt, um es auszuhämmern und anschließend im
Wechselspiel mit den links von ihm sitzenden Kollegen an der Schmiedeesse jeweils
zum Zwischenglühen auszutauschen.
Beim genauen Studium seines rechten Unterarmes erkennt man
eine deutliche Verdickung ab dem Ellbogen. Die Hand ist verkehrt dargestellt,
da der Daumen nach unten weist. Dadurch wird ein Handschuh oder eine nicht dargestellte
Zange angedeutet. Was auch verständlich erscheint, da der Schmied wohl mit der
Hand keine glühenden Metalle festhalten kann.
Das Schmiedewerkzeug und das Produkt
Wenn wir die rechte Hand des Schmiedes wegdenken, kann man
die metallenen Gegenstände auf dem Amboss rekonstruieren: Das untere massive
Objekt, welches direkt auf dem Amboss liegt, schwillt von links nach rechts an
und endet mit einer vielleicht birnenförmigen Rundung.
Obenauf, parallel zum unteren Metall führt der Schmied einen
prismatischen Gegenstand der anscheinend dann beschlagen wird. Ist dieser wie
eine Schneide oder einer Klinge nach unten zugespitzt, so ergibt sich folgender
Sachverhalt:
Der Schmied verfertigte durch Treiben eines massiven Eisenstücks
einen Metallrohling mit aufgerolltem Ende, also eine flachgehämmerte Axt- oder
eine Beilklinge, welches er nun aufgeglüht zurückbekam. Zur letztendlichen Formgebung
trennt er überstehend glühendes Material mit dem beschriebenen Schneideisen /
Setzeisen / Schröter vom Rohling ab, um
aus den Überresten später vielleicht Rasierklingen, Pfeilspitzen oder kleine
Messer zu hämmern.
Unschwer erkennbar betreibt der Schmied die Herstellung
eines eisernen Werkzeuges, dessen
Werkstoffkennung von den alten Ägyptern als bjA bezeichnet wurde.
IV.) Das Zwischenglühen an der Schmiedeesse
Nicht aus Platzmangel, sondern zur Heranführung der
Nachwuchstalente sind die Knaben / Jünglinge an der Schmiedeesse entsprechend
zu den Männern im Umfeld in ihrer Größe wesentlich kleiner proportioniert
abgebildet. Aufgabe der Jugend war es –wie in allen nachfolgend uns bekannten
Zeiten – die Männer mit Mahlzeiten zu versorgen und sich gleichzeitig mit den
Gebräuchlichkeiten des Schmiedehandwerks mehr oder weniger zu befassen.
Der linke Knabe betreut mit einem Blasrohr die
Holzkohlenglut. Ob dies auch für seinen Kollegen zutrifft kann man nur vermuten,
er könnte auch ein zangenähnliches Gerät oder zwei Stäbe führen, um damit das
glühende bjA auf den Amboss des Schmiedes zu legen. Bequem auf seinem Hocker
sitzend, scheint er nicht von Hektik geplagt zu sein.
Auf der Esse wird links das zu erhitzende Metall aufgeglüht,
es handelt sich um zwei kleine Brocken oder Luppen, nach rechts folgt ein
größeres unförmiges Teil und ein Großbrocken oder Barren.
Die ikonische Darstellung entspricht der Vorgehensweise bei
der Eisenherstellung. Die aus dem Ofen genommene Luppe wird zigfach aufgeglüht
und zwischengehämmert, mehrere kleine Luppen ergeben durch Feuerschweißen und
Treiben größere Brocken, Barren, Platten, Riegel oder Stäbe. Veranschaulicht
wird uns eine aufeinander abgestimmte und einzuhaltende Abfolge zur Herstellung
der Form des Feststoffes.
Bei gießbaren Metallen hätte man die Form gegossen !
Das Tagesgeschäft beschränkt sich auf eine Luppe, die durch
bis zu hundertmaliges aufglühen und zwischenhämmern zu Platten, Riegel oder
Stab geformt wird.
Die detailgetreue Darstellung im Relief des Kaemrehu
verdeutlicht uns den genauen Ablauf zur Herstellung von Halbfertigprodukten aus
Eisen, so wie wir es dann für die Eisenherstellung im ersten Jahrtausend v.
Chr. bei den europäischen Hüttenleuten kennen. Hervorzuheben ist der kleine
Rennofen, mit dem gezielt stöchiometrische Mengen in den Prozess eingeführt
werden können und zur effizienten Nutzung der Ressourcen. Der Einsatz von
jugendlichen Nachwuchskräften lässt uns verstehen, dass es sich um ein
bürgerliches Handwerk bestimmter Sippen oder Kasten handelt, die sich mit
allerlei im Nilland auffindbaren Eisenerzen beschäftigten. Für die
pharaonischen Werkstätten, welche vorwiegend hochwertige und unter enormem Aufwand
beschaffte Erze verarbeiteten, hat man wohl keine Kinder angelernt, sondern
erfahrene Spezialisten herangezogen.
Beschrieben wird das Ausglühen / Zwischenglühen nur bei
Wp-m-nfr.t (Q. 4) und Tjj (Q. 8), zeichnerisch überliefert nur bei Kaemrehu.
Drei Quellen die ausschließlich dem bjA zuzuordnen sind.
-------------------- Nachtrag 17.02.2017
Ebenso befindet sich im Grab des Chnum, der Tombs of Nobles,
aus der 6. Dynastie, am Qubbet el Hawa, ein nicht veröffentlichtes
Relief (da es bislang mit koptischen Mörteln verdeckt war) einer
Metallarbeiterszene. Die augenfällige Handlung der zwei Männer mit Blasrohren
vor dem Schmelzofen sitzend, ist das typische Merkmal des Alten und des
Mittleren Reiches für die bj3 Verarbeitung. Links darunter stehen zwei Männer
in gebückter Haltung, die auf erhöhter Unterlage einen größeren Reibstein
bewegen. Rechts davon treibt ein Schmied mit hochgestrecktem schlagendem Arm
das Metall. In der sich anschließenden Szene kniet ein, dem Schmied zugewandter
Arbeiter, der einen Reibstein auf der Reibschale betätigt (siehe hierzu # 78 –
80/1).
Von daher ist es offensichtlich, dass die vor Ort abgebauten Eisenerze,
mit Reibsteinen zerkleinert wurden.
(siehe auch Seite XVII)
-------------
Zusammenfassung und Schlussbemerkung:
Das System zur Grundlagenforschung von Bernd Scheel ist
logisch durchdacht und fundiert auf der Basis der Tabelle 1 (Seite 123)
aufgebaut. Unter “Metalle“ versteht er unedle und Buntmetalle, unterscheidet
sie tabellarisch von den Edelmetallen, geht aber davon aus, dass der Vorgang
der beiden Gewerke gleich sei, nämlich das Verflüssigen von Metall. Diese
selbst auferlegten Prämissen lassen nunmehr
keine Aussagen zur primären Erzeugung eines Feststoffes zu. In der
Studie führt dieser Umstand zu einer Kette von Missverständnissen, die mit
geistreicher Ausschmückung gebogen werden müssen, um die Szenenabfolge zu
rechtfertigen. Erschwerend kommt hinzu, dass die damaligen Künstler die Szenenauswahl
nach Musterbüchern und oder den Wünschen des Grabherren, sowie dem vorhandenen
Platzangebot zu entwerfen hatten.
Das heißt für unsere Augen, dass die Auswahl
der Einzelszenen keinen Anspruch auf Vollständigkeit zur logischen Abfolge
erhebt und dass es nicht für unser Verständnis gedacht oder entworfen wurde.
Von insgesamt 28 aufgezeigten Darstellungen befassen sich
sechs mit der Edelmetallverarbeitung, so dass 22 Darstellungen ( 78 % ) die
Herstellung und Verarbeitung des bjA-Metalls beschreiben ( Scheel S. 119 ff.). Von den alten Ägyptern wird uns, unbestreitbar,
die Präsenz des Eisens versinnbildlicht.
Wie dem auch sei, vielleicht erfahren wir bei der Durchsicht
des Teils II, die Gräber des Mittleren Reiches etwas mehr.
Die soziale Stellung der Schmiede
und der Erzarbeiter, die bjA-Metall verarbeiten, zur Zeit des Cheops
Waren es doch die Erzarbeiter und die Schmiede, die den
Pyramiden- und Tempelbau erst ermöglichten, und somit für die Herstellung einer
Massenware zuständig waren. Etymologische und ethnologische Aspekte vermitteln
uns, dass die Herstellung und Verarbeitung des bjA-Metalls von den Handwerkern
der breiten unteren Bevölkerungsschicht ausgeführt wurde.
Seite 174 - 177, 8. Zusammenfassende Betrachtungen zu den
Beischriften und Ergebnisse aus ihrem Vergleich
Anmerkung: Wichtig erscheint mir hierbei die Feststellung
das zwischen den Edelmetall- und Metallarbeitern deutliche Unterschiede in der
sozialen Struktur erkennbar sind.
Scheel beschreibt diesen bezeichnenden
Gesichtspunkt für die Metallarbeiter, wie folgt:
1. Es werden wechselseitig (untereinander)Arbeitsanweisungen
erteilt und daraufhin Beteuerungen entgegnet, dass man, wie gewünscht, handeln
werde.
2. Aber auch Beschwerden werden laut über die harte Arbeit
des Handwerks, und es wird nach Bier verlangt zur Erfrischung bei Tätigkeiten,
die unter erschwerten Bedingungen auszuführen sind, wie beispielsweise in
großer Hitze und Rauchentwicklung beim Schmelzen. Dies alles zeigt den
lebensnahen Charakter der Rufe und Gegenreden.
3. Einen Hinweis auf die sozialen Unterschiede zwischen
Arbeitern und Vorgesetzten mögen die Anreden geben, die bei den Rufen und
Gegenreden auftreten. …
4. Titelnennungen oder bezeichnende Attribute bei
Ranghöheren Vorgesetzten, dass aber keiner der einfachen Arbeiter, z. B. ein
Schmelzer, einen Titel trägt.
5. Die Kleidung der Schmelzer ist der einfache, kurze
Lendenschutz der Arbeiter oder gar nur der Streifengurt.
6. Die Schmelzer, die oft die Masse der Arbeiter innerhalb
der einzelnen Bildbelege stellen, gehörten offenbar der unteren sozialen Stufe
unter den Metallhandwerkern an.
7. Vielmehr wurde von ihnen Kraft und Ausdauer bei einer
harten, unangenehmen Tätigkeit verlangt.
8. … die rauhen Schmelzer, die sich über zu schwere Arbeit
bei ihren Vorgesetzten beklagen.
9. Derselben einfachen sozialen Schicht gehörten offenbar
die Schmelzausgießer an, die auch kaum über besondere handwerkliche Kenntnisse
verfügt haben werden. Ihre Kleidung entspricht der der Schmelzer.
10. Innerhalb der Berufsgruppe der Metallhandwerker im Alten
Reich ergibt sich aus dem Beischriften- und Bildmaterial somit offenbar eine
“soziale Strukturierung“, die letzte Gruppe schließlich, sind die Schmelzer und
Schmelzausgießer.
Siehe auch hierzu Scheel Teil I) Seite 156 zu den
Metallarbeitern die bjA verarbeiten: “Die Titel- und Berufsangaben zu den Schmelzerszenen zeigen,
dass offenbar nur einfache Arbeiter mit der harten, schweren und wegen der
großen Hitzeentwicklung unangenehmen Tätigkeit betraut wurden“.
Und ergänzend Seite 175, Fußnote 188, die Lehre des Cheti
(Htjj), Mittleres Reich: „Ich sah aber den Erzarbeiter
bei seiner Arbeit an der Öffnung des Schmelzofens, indem seine Finger wie
Krokodilskrallen sind und er stinkend ist wie Fischdreck“.
Zusammenfassung der
sozialen Stellung des Schmiedes und der Erzarbeiter im Alten Reich:
Dass es sich bei den Metallarbeitern die bj3 verarbeiten
nicht um Schmelzer und Schmelzausgießer handelt, sondern um Erzarbeiter die
sich mit der Verhüttung beschäftigen, und somit ein Metall herstellten, wurde
bereits mehrfach dokumentiert.
Weiterhin ist nicht anzunehmen, dass der Dorfschmied zur
Zeit des Alten Reiches das Kupfer – aufgrund des materiellen Wertes – hätte
besitzen können.
Der soziale Stand dieser Arbeiter erlaubt es daher nicht,
dass man davon ausgehen könnte, sie hätten Edelmetalle oder Kupfer handhaben
können.
170227 # 78/2 Die Werft und die Werkzeuge des Kai-em-anch
als
Folgebeitrag zu #78 Die Schmiede und Erzarbeiter im Alten Reich
Zu einer Grabmalerei aus dem Alten Reich:
Die Werft, mit Szenen des Schiffbaues und einem
Metallarbeiter mit Blasrohr am Schmelzofen.
Sowie die zugehörige Darstellung der Metallwerkzeuge.
Hermann Junker, Giza IV., Grabungen auf dem Friedhof des
Alten Reiches,
Mastaba des K3jm-nh (Kai-em-anch) aus der 6. Dynastie. (1)
Allgemeines:
Betrachten wir die aus Kupfer bestehenden Grabbeigaben in Gräbern
des Alten Reiches, so stellt man ernüchtert fest, dass es sich lediglich um
Miniatur- und Modellwerkzeuge von Meißeln, Dächseln und Äxten handelt.
Vorwiegend sind diese aus dünnem Kupferblech gearbeitet, oft nur mit einer Länge von ca. fünf Zentimetern
(3).
Vergleicht man demgegenüber die Kosten zum Bau der Mastaba,
mit in den massiven Fels gehauenen Kult- und Totenkammern, zuzüglich eines
Steinsarkophags, so muss der Rohstoff Kupfer wohl sehr begrenzt zur Verfügung
gestanden haben. Einerseits sind massive Meißel mit Gebrauchsspuren oder
gebrauchsfähige Beilklingen aus Kupfer weder aus Grabbeigaben noch aus
archäologischen Feldgrabungen bekannt.
Aus diesem Kostenvergleich sowie dem negativen Fundbestand
andererseits ziehe ich den Schluss, dass es kaum vorstellbar ist, dass
selbständige Waldarbeiter, Zimmerleute, Bauern und Steinmetzen, sich massive
Kupferwerkzeuge hätten leisten können.
Zitat
von Hermann Junker:
„Die
Szenen und Inschriften der Totenkammer auf der Westwand beschreiben eine Werft
mit Handwerkern und den Listen der Schiffe und Schiffsteile. In der Werft, also
im Umfeld der Schiffsbauer, sind Handwerker bei der Arbeit dargestellt, Einer derselben bearbeitet ein Holzstück mit
dem Dächsel, der andere massive Holzteile mit der Axt.
Ein
dritter bläst mit einem Rohr in einen Erzofen,an das Rohr ist unten ein
Nilschlammansatz gesteckt, um es vor der Glut zu schützen“ (Text und Abbildung
S. 72 ff).
„Hergestellt
wurden Barken und Lastboote, die die Lebensmittel und die Geräte oder das
Getreide zu den Scheunen bringen. Dazu kommen die leichten Kähne, auf denen man
dem Fischstechen oder der Vogeljagd nachgeht.“
Der
Werkstoff der Werkzeuge in der Wandmalerei ist angegeben mit der Hieroglyphe
“Tropfenform mit kleinem Zapfen“ als Ideogramm für bja, mit dem Zusatz “das
Mineral, das aus Elephantine geholt wird“.
(4)
Junker
deutet dies als Kupfer, da Bronze erst ab dem Neuen Reich verfügbar war. Odler
hingegen, weist darauf hin, dass aufgrund der Experimente von D. Stocks (2003)
nachgewiesen sei, dass zur Holzbearbeitung zumindest Bronzewerkzeuge
erforderlich wären. (3, Seite 85)
Auch
C. S. Smith äußert sich zu den Kupferwerkzeugen entsprechend: „Ihre Herstellung war teuer, sie verbogen
verhältnismäßig leicht und wurden schnell stumpf“. (5)
Somit
ist es äußerst fragwürdig, ob die Miniatur-, Schein- und Ritualwerkzeuge aus
Kupfer auch in der Realität verwendet werden konnten.
Der
Schmied:
In
der altägyptischen Darstellung steht den holzbearbeitenden Handwerkern ein
Schmied beiseite, der die Werkzeuge herstellt, und instand hält. Wir können
davon ausgehen, dass er der gleichen sozialen Stellung angehört.
Da
das alte Ägypten weder nennenswerte Kupfervorkommen aufwies, und vorwiegend von
Importen aus Kleinasien, dem Sinai und Zypern angewiesen war, ist es nicht
vorstellbar, dass es als Gebrauchsmetall zur Verfügung stand. Landarbeiter
hätten nur kleinste, und dann trotzdem noch unbezahlbare Kontingente über einen
Amtsweg beantragen müssen.
Bei
den Metallarbeiterszenen des Kupferschmelzens, wiegen die Aufseher sowohl das
angelieferte Kupfer, als auch die daraus umgeschmolzenen Kleinbarren oder
Formstücke, um sicherzustellen, dass nichts abhandengekommen ist; Schreiber
dokumentieren die Ergebnisse. Die
Schmelzer tragen den Lendenschurz gehobener Diener, auch das Umfeld weist auf
Königswerkstätten hin. Der sorgfältige Umgang mit dem Metall steht dem der
Goldverarbeitung in nichts nach.
Wie
hätten dann einfache Arbeiter massive Kupferwerkzeuge besitzen können, die auf
Dauer durch Schmieden und Nachschärfen (Schleifen) hohe Verluste zu verzeichnen
hätten?
Und
wäre ein Kupferbeil überhaupt in der Lage, getrocknetes Zedernholz für den
Schiffsbau zu bearbeiten. Und, hätte der Barbier nicht eine sehr wertvolle
Rasierklinge die nicht schneidet?
Nicht einmal einen Kupferring fand man in
Gräbern der arbeitenden Bevölkerung.
Die
Szenen der Kupferschmelzer sind gekennzeichnet durch vier bis sechs Bläser, die
den Schmelztiegel auf ca. 1200 Grad Celsius erhitzen müssen.
Bei
unserer Szene auf der Werft, sitzt nur ein Mann mit Blasrohr am
Verhüttungsofen, der lediglich die Aufgabe hat, den Abbrand zu überwachen, bzw.
bei Bedarf durch Blasen anzufachen. Die Skizze beschreibt ihn also, wie den üblichen
Schmied, der in Siedlungen und im Umfeld von Handwerkern vertreten ist. Ohne
dabei Gefahr zu laufen, von Dieben überfallen zu werden, da er ja Rohmaterial,
Halbfertigwaren und Werkzeuge von hohem Wert vorhalten würde.
In
der Lehre des Cheti,
dessen
Ursprung bis ins Alte Reich vermutet werden kann, wird die Hacke des Bauern als
Erzstichel, mit der Werkstoffbezeichnung n.t-bj3, beschrieben. In anderen
Texten wird auch von Pflugscharen oder von einem metallenen Dorn am Ackergerät
gesprochen.
Um
die mannigfaltigen Arbeiten der Landwirtschaft bewältigen zu können, wird er im
Besitz einer Sichel, einer Axt, ein paar Hacken, einem Messer, einigen
Kleinutensilien und vielleicht auch einer Pflugschar gewesen sein. Wären die
dann aus Kupfer, so hätte er den ca. tausendfachen Wert an Metall auf dem
Bauernhof, im Vergleich zu den kupfernen Grabbeigaben eines hohen
Würdenträgers.
Die
Diebe hätten sich beim Bauern bedient, nicht an den Gräbern.
Trotz
seines “Metallreichtums“ wird der Bauer in die unterste soziale Stellung
gedrängt: “nicht nennt man den Bauern einen Bürger“ ((2), S. 23, Pkt. 9.3).
Dies deutet darauf hin, dass er sich Kupfer nicht hätte leisten können, und
dass seine Metallgeräte keinen wesentlichen Wert darstellen konnten. Es kann
sich deshalb nicht um Kupfer handeln.
Das
Gebrauchsmetall war für arbeitende Hände bestimmt, es roch, es rostete und es
wurde von verachteten Erzarbeitern hergestellt und repariert: “Seine Finger
sind krokodilartig, er stinkt mehr als Fischlaich“ (2), womit auch das Umfeld
aller Beteiligten zur Metallherstellung gemeint sein dürfte. Und weil das Eisen
weder Glanz, noch Wert hatte, und auch die Zeiten nicht überdauerte, fand es
keinen Zugang in die Gräber der Elite.
Die
metallenen Werkzeuge werden bei Cheti aus “n.t-bja“ bestehend beschrieben,
Kupfer hätte die Bezeichnung “hmt(j)“.
--------
Zur
Beschreibung des Metalls:
Im
Register der Werkzeugliste des K3jm-nh aus der 6. Dynastie wird eine Axt, ein
Dechsel, eine Säge, vier verschiedene Meißel, ein Metallklumpen und “ein
mineralischer Stoff, der aus Elephantine geholt wird“ gelistet. Jedem dieser
Beigaben ist das Zeichen für “Tausend“ angefügt.
Weitere
zugehörige Hieroglyphen sind bekannt aus Reden der Arbeiter am Schmelzofen. (1)
Das
Zeichen des Metallklumpens ist in der Grabmalerei in Form eines Tropfens mit
unterem kleinen Zapfen dargestellt (Gardiners Sign-list Zeichen X3). Es wird
von Junker als metallischer Werkstoff, mit der Lesung bj3 gedeutet. (4)
In
Anbetracht der tausendfachen Nennung des Metallklumpens, könnte man geneigt
sein, diesen als Wert- oder Metallbarren anzusehen. Von der bildlichen
Darstellung aus gesehen, wäre auch ein Hackenblatt denkbar.
Um
die besondere Qualität der gelisteten metallischen Gegenstände hervorzuheben,
wird das Erz “ein mineralischer Stoff, der aus Elephantine geholt wird“ mit dem
Ort der Herkunft genannt. Es wird ebenso mit der tausendfachen Nennung,
unmittelbar neben dem Metallklumpen aufgeführt. Das Mineral ist bereits aus dem
Alten Reich belegt. (1)
Zum
Zwecke der Zuordnung spezieller Eigenschaften unterschied man z.B. bj3 aus
Ober- und Unterägypten.
Für
die Metallbeschaffung aus dem “Mineral aus Elephantine“ , spricht ebenso ein
Text aus der Zeit des Thutmosis III: “… das Erzgebiet (bj3w), bei der Nekropole
die über Elephantine liegt“ (12), womit nur die Eisenmine bei den Gräbern des
Alten Reiches, am Qubbet El-Hawa, gemeint sein kann (15). Ein weiterer Hinweis
für das Eisenerz aus Assuan ergeht aus einer Schilderung von Gott Re an seine
Boten “Eilt nach Elephantine und holt mir viel Hämatit“ (13)
Die
ausdrückliche Nennung des Erzes als Grabbeigabe erklärt uns also den Rohstoff,
aus welchem das Metall der Gegenstände hergestellt ist.
Der
Wunsch des Grabherren, das Erz mit in den Himmel zu nehmen, wiederspricht somit
alternativen Auffassungen, dass es von dort gekommen sei.
Hermann Junker deutet bj3 als Kupfer, wobei E. Graefe (8),
P. Posener (9) und J. R. Harris (10) zu dem Ergebnis kommen, dass bj3 keine
spezielle Bezeichnung für das Metall Kupfer ist.
G. A.
Wainwright weist eindeutig nach, dass die Werkstoffbezeichnung (Tropfenform mit
kleinem Zapfen) „bja“ nirgends als Kupfer zu verstehen ist, sondern, dass sie
seit dem Alten und bis ins Neue Reich das Meteoreisen bezeichnet, und dass die
gleiche Schreibung dann in der Spätzeit, insbesondere im Koptischen, als das
Schmiedeeisen verstanden wird (6). Aufgrund seiner ausführlichen Recherche zu
den Hieroglyphen und den zugehörigen Ideogrammen, kann ihm bedenkenlos
zugestimmt werden. Nur die meteoritische Herleitung ist mit unserer Opferliste
nicht kompatibel, denn:
1.)
Der Schmied mit Blasrohr am Verhüttungsofen stellt ein Metall aus Erz her, für
Meteoreisen macht dies keinen Sinn, da es bereits in metallischer Form
vorliegt.
2.)
Der mineralische Stoff, der aus Elephantine geholt wird, gilt als Synonym des
Metalls der dargestellten Werkzeuge. Im Grab des Chnum der Tombs of the Nobles,
am Qubbet El-Hawa, wird in der Metallarbeiterszene das Erz mit Reibsteinen
zerkleinert, und bei Kaemrehu sind prall gefüllte Beutel der Schmelzer-Szene
zugeordnet, deren Inhalt ebenso nur ein sandiger Stoff sein kann, der den
Erzarbeitern für die Verhüttung zur Verfügung steht.
Für
Meteoreisen wäre der Werkstoff als Ideogramm eines existierenden Metalls angegeben, die Darstellung des Rohstoffs als
Pulver ergäbe dafür keinen Sinn.
3.)
Durch Inschriften ist bezeugt, dass Djedefre (Radjedef) eine Expedition in die
Oase Dachla (Dakhla) in der Lybischen Wüste endsandte, wie es bereits vor ihm
sein Vater Cheops zwei Mal getan hatte. Bei einer Expedition mit ca. 400 Mann,
wurden ca. 60 Tonnen Eisenoxid (mineralische Pigmente) ins Niltal gebracht, was
den Abbau von Eisenerz im Alten Reich bestätigt. (7)
4.)
Da alle Handwerker und Landarbeiter des Alten Reichs das Metall verwenden,
müsste Meteoreisen ein Massenartikel gewesen, und entsprechend als Grabbeigabe,
statt Kupfer, zu finden sein.
5.)
Bernd Scheel (Studien zum Metallhandwerk im Alten Ägypten) untersuchte alle
verfügbaren Metallarbeiterszenen, wobei ihm die Ver- oder Bearbeitung von
Meteoreisen aufgefallen wäre. Auch H. Junker entdeckte keinen himmlischen
Aspekt bei seiner Vermutung, es sei Kupfer (unsere Hieroglyphe bja).
6.)
Rainer Hannig übersetzt bja als Erz, Metall, (tellurisches) Eisen, weiterhin
als Bedeutung für Siderit, Hämatit und Magnetit, was die Rohstoffe zur
Eisenherstellung sind (Eisenerze, Eisenoxide). Weiterhin wird genannt, woher es
stammt z.B. Erz aus Nordägypten, oder Erz aus Südägypten, Eisen aus
Syrien-Palästina sowie bja aus der Stadt Qusae. (11)
Man
findet in den Nekropolen weder Meteoreisen noch Kupfer als zu erwartender
Massenartikel, auch nicht das Eisen, weil es als übliches Gebrauchsmetall für
das Jenseits als unattraktiv empfunden wurde.
Weil
aber das Kupfer den Charakter eines Edelmetalls besaß, und weil es sich die
Elite leisten konnte, wurde es als Spiegelbild des tatsächlichen Werkzeugs, in
Form von Miniatur- oder Scheinwerkzeuge mit ins Grab genommen. Gold hingegen
war auch für die gehobene Gesellschaft nicht erschwinglich, sondern nur für den
Pharao.
Zu den Eigenschaften von Kupfer:
Martin
Odler befasst sich mit den schriftlichen und bildlichen Darstellungen des
Dechsels, insbesondere der Dechselklinge aus den ersten Dynastien und dem Alten
Reich. Alle bekannten Funde von Kupferklingen, ausschließlich aus Gräbern,
werden katalogisiert, und nach Formen eingeordnet. Die Klingenbeschreibungen
der Grabtexte bezüglich der Metallangabe ergab zweimal die Nennung von bj3(S.
89). (3)
Im
gesamten Fundkontext von vorwiegend Miniaturklingen zeigen sich einige Klingen,
die dem tatsächlich verwendeten Werkzeug in Form und Größe zuzuordnen sind. Die
Klingenlänge wird mit maximal ca. 235 mm angegeben, wobei die Breite etwa 95
mm, und die Stärke etwa 2 – 4 mm beträgt.
In
den überlieferten Darstellungen und Skizzen ist die flache Klinge weniger als
die Hälfte der Länge am abgeknickten Holzstiel geschäftet. So dass ca. 55% der
Klingenlänge ohne Stabilisierung, freistehend aus der Schäftung hervorragt
(Maßstäbliche Darstellung, Seite 87).
Kupfer
ist ein sehr weiches und biegsames Metall. Unter den geschilderten
Voraussetzungen, bei einer Arbeitsbreite von ca. 9,5 cm, und der freien
Klingenlänge von ca. 13cm, und bei einer Stärke von nur 2 - 4 mm, müsste sich
die Klinge beim ersten Hieb verbiegen, und somit wertlos werden. Der Dechsel in
dieser Ausführung mit Kupferklinge ist so nicht zu gebrauchen.
Auch
ist es fraglich, wie lange die geschmiedete Schneide ihre Schärfe behält, bis
sie erneut gehämmert oder gefeilt werden müsste, um ihren Dienst zu leisten.
Mit stumpfen Werkzeug, lässt sich weder Brot schneiden, Getreide ernten, noch
ein frischer Baumstamm entrinden. (Messer, Sichel, Dechsel)
Experimente
von Hobby-Archäologen (14) zeigen, dass mit nur sehr massiven Klingen, in
elliptischem oder rundem Querschnitt, mit sehr steiler Schneide, und nur kurz
aus der Schäftung hervorstehend, gewisse Erfolge zu verbuchen sind. Hierbei ist
es möglich, ausgesuchte Baumarten in einem gewissen Alter zu fällen. Das
Entasten oder die Zurichtung von abgelagertem Stammholz überschreitet bereits
die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Kupferwerkzeuge.
(Reines
Kupfer ist auf dem heutigen Markt kaum mehr zu finden, ich gehe davon aus, dass
für solche Experimente verfügbare industrielle Kupferlegierungen verwendet
wurden)
Von
daher entsprechen die in Gräbern gefundenen Kupferklingen mit der dargestellten
Schäftung nicht den Anforderungen, um die Tätigkeiten der Handwerkerszenen
umzusetzen. Die sehr schlanken Dechselklingen würden die Prozedur des Schlagens
gegen abgelagertes Zedernholz nicht überstehen. (siehe oben: M. Odler fordert
Bronzeklingen, und Smith äußert : „sie verbogen verhältnismäßig leicht und
wurden schnell stumpf“).
Die
Funde der Kupferklingen können nur die Kopie eines anderen Metalls mit höherer
Festigkeit sein.
In
der Mastaba des Nefermaat (Wesir/Sohn des Pharao Snofru, 4. Dynastie) in
Meidum, wird in der Grabmalerei eine Sichel in blauer Farbe abgebildet. Diese
Farbgebung wurde ausschließlich nur für Eisen verwendet.
Zusammenfassung:
Das, für den Werft- und Landarbeiter benutzte
Gebrauchsmetall, aus dem die Werkzeuge bestanden, konnte nur durch die
Dorfgemeinschaft oder zumindest einer Sippe daraus hergestellt worden sein. Der
Abbau des Erzes, Transport zur Verhüttungsstelle, Herstellung der Holzkohle,
Verhüttung des Erzes, und die familiäre Herstellung der Endprodukte weist auf
die Arbeitsteilung und Spezialisierung einer vielfältig veranlagten
Gemeinschaft hin. (16)
Im Relief des Kaemrehu sind Jugendliche dargestellt, die an
der Schmiedeesse Metallstücke für den Schmied aufglühen. Was darauf hinweist, dass
die Nachwuchskräfte seit früher Kindheit am Arbeitsleben des Stammes teilnahmen.
Man produzierte nur gelegentlich, und nur so viel, um dem
Gemeinwohl Genüge zu tragen.
Das Werkzeug war dauerhaft, scharf, verschliss kaum, und der
Dächsel überdauerte mehrere Generationen.
Es ist auch leicht verständlich, dass wenn nach der
Pyramidenzeit die Brennholzvorräte erheblich reduziert waren, eine strenge
Begrenzung oder gar der Stopp der Eisenherstellung erlassen wurde. Auch eine
Klimaveränderung mit Dürren und sehr niedrigen Wasserständen von Flüssen und
Seen, mit einhergehender Versandung von Grünflächen ist für die Erste
Zwischenzeit wissenschaftlich belegt, was nicht ausschließt, dass die Abholzung
ihren Teil dazu beitrug.
Erst später dann, im Mittleren Reich, verschaffte sich
Sesostris I., in Inschriften von Stelen wieder Ruhm, indem er Expeditionen zur
bja-Erzbeschaffung verkündete. Was wiederum darauf hindeutet, dass die
Einschränkungen zur Eisenherstellung gelockert wurden.
Als Endbetrachtung kann man davon ausgehen, dass die
kupfernen Schein-, Miniatur- und Ritualwerkzeuge aus den Gräbern, das
Spiegelbild der eisernen Gebrauchswerkzeuge des arbeitenden Volkes darstellen.
Elephantine könnte somit als Verwaltungssitz und
Verschiffungsort, für die am Qubbet el Hawa abgebauten Eisenerze angesehen
werden.
1) Junker Hermann, Giza IV., Grabungen auf dem Friedhof des
Alten Reiches,
Mastaba des
K3jm-nh (Kai-em-anch) aus der 6. Dynastie, Band VI, 1939, Seite 72 ff
2) Brunner Helmut,
Die Lehre des Cheti, Sohnes des Duauf, 1944, Seite 22ff.
3) Odler Martin,
Adzes in the Early Dynastic Period and the Old Kingdom, 2012
4) Junker Hermann, Die Hieroglyphen für „Erz“ und
„Erzarbeiter“, 1956, Seite 93, 98
„die Hieroglyphe “Tropfenform mit unterem kleinen Zapfen“,
bezeichnet den Werkstoff bja“
5) Smith C. S., Die Frühzeit des Menschen, Die Entdeckung
des Metalls, 1977, S. 41
6) G. A. Wainwright, Iron in Egypt, 1932, S. 3-15
7) Eigener Beitrag #76, Seite XIII, Carlo Bergmann, Der
Wasserberg des Djedefre
http://www.cheops-insider.homepage.t-online.de/41004.html
8) Erhart Graefe, Untersuchungen zur Wortfamilie bjA,
Dissertation 1971, Seite 161
9) P. Posener, Ugaritica VI, 1969, 424-425
10) J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient
Egyptian Minerals, Berlin 1961, S. 54-62
11) Rainer Hannig: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch.
(2800–950 v. Chr.), -Die Sprache der Pharaonen-, Marburger Edition, 4. überarbeitete Auflage,
Ph. von Zabern, Mainz 2006
12) Erhart Graefe,
Untersuchungen zur Wortfamilie bjA, Dissertation 1971, Dokument 40, Urkunde IV,
825,10
13) Wolfgang Helck, Das Bier im Alten Ägypten, 1971
14) siehe bei YouTube mit entsprechenden Suchwörtern, z.B.
auch Ötzi
15) Eigener Beitrag #85, Etymologische Untersuchung der altägyptischen Waffen und Geräte,
die aus bj3 bestehen. http://www.cheops-insider.homepage.t-online.de/42850.html
16) Bis in die Neuzeit beherrschten die Naturvölker die
eigenständige Herstellung des Eisens. Jeder Stamm versorgte sich selbst damit,
und bei Überschuss konnte es auf Märkten eingetauscht werden. Keiner der unten
angegebenen Forscher sah Anzeichen dafür, dass man dieses Metall speziell an
Königswerkstätten herstellte. Jedenfalls wurde es vom Königshaus als
Steuerabgabe verlangt.
Siehe:
Franz Stuhlmann, Handwerk und Industrie in
Ostafrika, 1910: Die primitive Verhüttung in Afrika wurde oft nur in Dörfern und
von einer bestimmten Kaste ausgeführt. Frauen sammelten das Erz; manche
Schmiede waren hoch geachtet, während sie in anderen Gebieten gefürchtet bzw.
verachtet und gemieden wurden. Die Verbreitung der Schmiedekunst erfolgte durch
Wanderschmiede. In dem Zuge werden auch Nomaden, Waldstämme und Eingeborene
genannt.
BeckLudwig: Die Geschichte des Eisens.
Bd. 1, Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr., Braunschweig, 1884.
Richard Andree, Die Metalle bei den
Naturvölkern, 1884, S. 66.
E. O. Lippmann, Entstehung und Ausbreitung der Alchemie,
1918, S. 611-619.
Von Luschan, Eisentechnik in Afrika, Zeitschrift für
Ethnologie, 1909.
Für die Zeit des 13. Jh. v. Chr. beschreibt J. Nieling
einige Vorkommnisse zur Eisenerzeugung, die ich hier nur in Kurzform
wiedergeben will:
S. 43: Eisen wird am häufigsten in Inventarlisten von
Tempeln genannt, ist aber in geringen Mengen auch Teil des Steueraufkommens.
D.h., es wird privat außerhalb der Tempel und Siegelhäuser erzeugt und
verarbeitet.
S. 44: Wiederum andere Texte überliefern, dass es kaufbare
Metallarbeiter im Range von besseren Sklaven gegeben hat. (Eigene Anmerkung:
Das lässt darauf schließen, dass der “Sklave“ das Wissen und die Kenntnisse
besaß!)
S. 241: Die Nomadenkulturen sind davon abhängig, alles
Metall und auch sonst viele Güter bei Sesshaften einzutauschen. Wenn es ein
professionelles Handwerk oder auch nur eine Spezialisierung Einzelner in
Richtung Metallverarbeitung gab, wurden diese Tätigkeiten wahrscheinlich
saisonal in den tiefer gelegenen Winterlagern ausgeübt. Eine Alternative läge
auch darin, dass auch der Schmied im Sommer als Hirte auf die Yayla zieht und
erst im Winter, wenn alle Stammesmitglieder wieder im Heimatlager sind, sein
Handwerk in Teilzeitbeschäftigung ausübt.
Jens Nieling, Die
Einführung der Eisentechnologie in Südkaukasien und Ostanatolien während der
Spätbronze- und Früheisenzeit, Dissertation 2009 Tübingen.
Auch der Brief von Hattusilis III, an einen befreundeten
König beschreibt ein ähnliches Szenario: “ … Gutes Eisen in Kizzuwatna in
meinem Siegelhaus, gibt es nicht. Ich habe ja geschrieben, dass die Zeit
schlecht für die Herstellung von Eisen ist.“ Demgemäß hatte die Administration
wohl nicht so richtig Einfluss auf ihre Untertanen. Womit ich sagen will, dass
die Königshäuser des Altertums insgesamt nicht an der Eisenherstellung
beteiligt waren.
Aus all diesen Fakten lässt sich leicht ablesen, dass man
nicht auf Vorrat und Anhäufung produzierte, sondern nur den dringlichsten
Bedarf abdeckte. Die Nahrungsbeschaffung und der Unterhalt der Familie standen
im zentralen Mittelpunkt, Eisen hätte man aus Erfahrung auch leicht durch
Bekanntes ersetzen können. Man hatte noch einen anderen Bezug zur Umwelt und zu
den materiellen Dingen. Eine Geisteshaltung, zu der wir nur begrenzt Zugang
haben.
101018 Carlo Bergmann und der
Wasserberg des Djedefre
# 76
Hallo Forum,
zum Thema wird
es wieder interessanter, wenn wir über die eigentlichen Geschehnisse im Alten
Reich berichten:
In Stein
gemeißelte Inschriften beschreiben den Abbau von Eisenerz ( Hämatit ) durch die
Prospektoren der Cheops-Expedition.
Durch
Inschriften ist bezeugt, dass Radjedef eine Expedition in die OaseDachla in der Libyschen
Wüste endsandte, wie es bereits vor ihm sein Vater Cheops zwei Mal
getan hatte. Ziel all dieser Expeditionen war die Gewinnung von „mineralischen Pigmenten“.
Die inschriftlichen Zeugnisse hierfür stammen von einem Lagerplatz in der
Wüste, etwa 60 km von Dachla entfernt. Dieser liegt am Fuß eines Sandsteinfelsens
und wurde in pharaonischer Zeit offenbar als „Wasserberg des Radjedef“
bezeichnet.
Der Kölner
Wüstenforscher Carlo Bergmann entdeckte 1999 die von den Gefolgsleuten der
Cheops-Expedition eingemeißelten Inschriften.
Eine
wissenschaftliche Sensation, Ägyptologen und Wüstenforscher sind aus dem
Häuschen.
Aufgrund dieser
Tatsachen errechneten Forscher, dass die zwei Expeditionen des Cheops innerhalb
von zwei Jahren einer Liefermenge von ca. 60 Tonnen entsprachen.
War es nun
Ocker, Eisenoxidpigmente um die Pyramiden zu malern, oder mineralisches
Eisenoxid mit einem durchschnittlichen Verwertungsanteil von 60 % erzielbarer Eisenluppe,
was in diesem
Fall etwa 36 Tonnen Eisen entspräche.
Oder vielleicht
drittens: Hätte das Mineral vor Ort verhüttet werden können, wären es 60 Tonnen
Eisen für das Niltal gewesen.
Siehe hierzu Carlo Bergmann / Wilkinson´s
zweites Zerzura / Schlusswort /
Appendix: Anmerkungen zu den Clayton-Ringen.
Nach seiner
Entdeckung informierte C. Bergmann als Ersten den Ägyptologen
K.-P. Kuhlmann, hier
ist sein Bericht:
Cheops' Expedition
Im November 2001 wird eine Forscher-Gruppe des Heinrich-Barth-Instituts den
Lagerplatz untersuchen. Als bisher einziger Wissenschaftler ist der deutsche
Ägyptologe Klaus Peter Kuhlmann dort gewesen. Sein Urteil: eine
"wissenschaftliche Sensation."
Von Klaus Peter Kuhlmann
Descheret, "rotes Land", nannten die alten Ägypter die Wüste - und
mieden die Glut der lebensfeindlichen Ödnis, wann immer sie konnten. Was gab es
hier schon zu holen? Das Gleiche haben bis vor wenigen Jahrzehnten auch die
meisten Ägyptologen gedacht. Seit Ankunft der ersten Forscher im Gefolge
Napoleons konzentrierten sie sich auf das Niltal, wo sie die unzähligen Hinterlassenschaften
eines Reiches mit über 3000-jähriger Geschichte studierten.
Dann fegte im Winter 1947 ein Sandsturm drei Tage lang über Dachla, eine rund
350 Kilometer westlich des Nil gelegene Oase. Als der Staub sich legte,
tauchten plötzlich Reste einer jahrtausendelang verschütteten Siedlung auf: ein
Gouverneurspalast mit Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäuden, wie sich später
herausstellen sollte. Bisher hatte es in den Oasen nur einige Hinweise auf
pharaonische Besiedlung gegeben, die frühesten aus dem 11. Jahrhundert v.Chr.
Die nun frei gewehten Gebäude aber, die seit den siebziger Jahren intensiv
erforscht werden, sind rund 1200 Jahre älter, errichtet im Alten Reich. Weitere
Funde haben inzwischen belegt, dass es damals, zur Zeit der sechsten Dynastie, enge
Kontakte zwischen Oasen und Niltal gegeben haben muss. Hier wie dort wurden die
Grabbauten im Verlauf dieser Dynastie kleiner, tauchten ohne Zeitunterschied
die gleichen Keramiktypen auf.
Mindestens seit 2350 v. Chr. müssen Nilägypter in den Oasen gelebt haben: Aus
dieser Zeit stammt ein Tontäfelchen mit einem Namenszug des Teti, des ersten
Herrschers der sechsten Dynastie, kürzlich von französischen Kollegen in Dachla
entdeckt. Doch je mehr Funde wir Archäologen der Wüste abringen, desto mehr
Fragen tauchen auf. Noch immer ist nicht eindeutig geklärt, was die Ägypter vor
vier Jahrtausenden überhaupt hierher trieb. In eine Gegend, die bis in
christliche Zeit hinein als Verbannungsort diente. Für die wenigen Millionen
Einwohner, die das Land während des Alten Reichs zählte, existierte im Niltal
Ackerland im Überfluss. In den Oasen konnte neben Wein nur die genügsame Gerste
in größerem Umfang angebaut werden.
Warum also kam es zur Übernahme der Oasen durch die pharaonische Verwaltung?
Wie reagierten die libyschen Einheimischen?
Spuren einer vorchristlichen Handelsroute?
Altägyptische Quellen wie der Bericht des Expeditionsleiters Herchuf um 2280
v.Chr. erzählen, dass man über einen "Weg in die Oase" gen Süden
Richtung Nubien zog. Expeditionen dorthin sind seit alters her gut verbürgt:
Eine Inschrift aus der Zeit des Snofru (2639-2604 v.Chr.) rühmt, dass man
200000 Rinder und Schafe in Nubien erbeutet habe, und sein Sohn Cheops selbst
ließ sich in einem Diorit- und Amethyst-Steinbruch nahe Abu Simbel verewigen.
Im Westen aber, aus Wüste und Oasen, gab es nichts Neues aus der frühen
Pharaonenzeit.
Bis eines Tages Carlo Bergmann bei mir in Kairo anruft, den ich seit Jahren gut
kenne. Seine Stimme klingt aufgeregt. Er hat erneut eine Entdeckung gemacht,
spricht von Kartuschen und langen Hieroglyphentexten, deutet vage die Lage des
Fundorts an. Könnte dies ein Hinweis auf den Verlauf einer alten
Karawanenstraße nach Westen sein? Vielleicht ein Hinweis auf Aktivitäten der
Ammonier, jener Bewohner der Oase Siwa, die meiner Ansicht nach ab dem sechsten
Jahrhundert v. Chr. begehrte Waren zwischen der griechischen Kolonie Kyrene (im
heutigen Nordostlibyen) und Nubien durch die Wüste schleusten, vorbei an der
Ägyptern und deren Handelsmonopol? Seit Jahren beschäftige ich mich mit dieser
Hypothese, und wenn einer etwas finden könnte, um sie zu bestätigen, dann wohl
der Wüsten-Wanderer Carlo Bergmann.
Also sage ich zu, packe abends Zeichenfolie, Fotoapparat und hieroglyphisches
Lexikon ein, greife an Verpflegung, was sich im Kühlschrank befindet - und
fahre die Nacht hindurch zu Carlo nach Dachla, um einen Tag später mit ihm vor
seiner Entdeckung zu stehen.
Es ist ein Hügel wie zehntausend andere in der Großen Sandsee, aus zerklüftetem
Fels, etwa 30 Meter hoch. Wieso hat der Mann ausgerechnet ihn für eine
Erkundung auserkoren? Erst bei scharfem Hinsehen entdecke ich eine Mauer, die
auf halber Höhe am Osthang entlang führt. Auf einem Pfad, gut erkennbar im
Hangschutt, steigen wir empor. Die Mauer reicht uns bis zur Hüfte - dahinter
erstreckt sich eine offenbar künstlich verbreiterte Terrasse. Ich schätze, sie
ist rund 40 Meter lang und drei Meter tief. Eine Einfriedung, vielleicht zum
Schutz für die Packesel und die als Verpflegung mitgenommenen Ziegen vor Hyänen
und Schakalen? Spekulationen.
Der Platz muss uralt sein, nicht erst in pharaonischer Zeit benutzt: Ich sehe
Petroglyphen, geritzt und graviert, von Giraffen, Antilopen, Straußen, auch
einen Löwen glaube ich auszumachen. Alles eindeutig neolithische Fauna, also
Tiere aus der Feuchtphase vor mindestens 8000 Jahren, als sich in der Westwüste
noch Savanne erstreckte.
Dann das erste Bildnis: Auf der geglätteten Felswand prangt ein ganz in roter
Farbe ausgeführter Pharao mit oberägyptischer Krone, Widdergehörn und Keule in
der erhobenen Hand. Das Motiv "Pharao erschlägt die Feinde" - quasi
der Stempel ägyptischen Herrschaftsanspruchs. Scheinbar wurde diese Gegend
damals noch als "Feindesland" empfunden.
Was trieb die Nilägypter nach Westen?
Unweit davon treten, im härter werdenden Licht der Mittagssonne, die
messerscharfen Umrisse eines gemeißelten Könignamens hervor. Die Inschrift
lüftet schlagartig den Schleier der Ungewissheit: "Gold der Götter,
Radjedef, möge er ewiglich mit seinem Leben, seiner Fortdauer und Freude begabt
sein", lese ich begeistert. Radjedef bzw. Djedefre, wie sein geläufiger
Name lautet, Sohn des berühmten Cheops, um 2580 v. Chr.! Vierte Dynastie - das
Älteste, was uns bislang aus historischer Zeit aus der Westwüste und den Oasen
bekannt ist!
Dass sich die Nilägypter schon so früh so weit über die Oasen hinaus nach
Westen vorwagten, ist eine Sensation. Sofort stellt sich mir wieder die alles
übergreifende Frage: Was trieb sie hierher? Nahe der Inschrift des Djedefre
finde ich mehrere geritzte Rahmen, die mich an die Hieroglyphe für
"Berg" erinnern, darin eingeschlossen Zickzacklinien, was wiederum
für "Wasser" stehen dürfte. Also "lese" ich beides als
Ortsbezeichnung: dschu mu als "Berg des Wassers" oder "Wasserdepot"
und dschu Radschedef als "Berg des Radjedef". Während ich darüber
nachsinne, führt mich Carlo schon zu einer weiteren Inschrift. Ein Königsname
ist angegeben, aber über den genannten Pharao bin ich mir nicht sicher, obwohl
ich ihm auf dem Bauch liegend Reverenz erweise. Doch dann: "Horus Medschedu"
lese ich vor. Es ist einer der Namen des Cheops, Regierungsantritt etwa 2604
v.Chr! Der Erbauer der größten aller Pyramiden!
Um die Inschriften unter optimalem Streiflicht kopieren zu können, müsste ich
eigentlich nachts arbeiten. Generator und Lampen habe ich aber keine
mitgebracht. Also fotografieren wir in der Dunkelheit, den Blitz schräg auf
Darstellungen und Texte gerichtet, um eine möglichst plastische Reliefwirkung
zu erzielen. Erstmals setze ich meine Digitalkamera im Feld ein und überspiele die
Bilder anschließend gleich auf den Laptop. Im Sternenlicht betrachten wir sie
vergrößert auf dem Bildschirm. Es ist jetzt nach Mitternacht. Ich bin seit etwa
24 Stunden auf den Beinen. Nur gut, dass ich mich aufgrund jahrzehntelangen
Grabungslebens darauf verlassen kann, morgen früh, wie immer, kurz vor
Sonnenaufgang aufzuwachen.
Ende einer alten Theorie
Etwa fünf Stunden später ziehen wir los, noch bevor die ersten Sonnenstrahlen
über die umgebende Hügelkette brechen. Die langen Inschriften liegen bald in
gutem Licht. Schon in der ersten wartet eine weitere wissenschaftliche
Sensation auf uns. Die Datierung lautet eindeutig auf das "Jahr nach dem
13. Mal des Zählens der Rinder und des Kleinviehs von Unter- und Oberägypten
des Horus Medschedu", also des Cheops. Das ergibt beim üblichen
zweijährigen Zensus ein 27. Regierungsjahr. Der Turiner Königspapyrus, eine der
Hauptquellen für die Rekonstruktion des Chronologiegerüsts der ägyptischen
Geschichte, erkennt dem berühmten Pharao aber nur 23 Jahre zu, und diese Zahl
ist die akzeptierte Lehrmeinung. Bis jetzt.
Und dann, in der selben Inschrift, entdecken wir den Grund, warum Cheops diese
Expedition aussandte: "Der [oder die beiden] Aufseher der
Rekruten-Schutztruppe [namens] Ii-Meri und Bebi kamen mit zwei Regimentern...
um Pulver[?] herzustellen aus den Pigmenten des Wüsten-Distrikts". Zwei
Regimenter - das waren immerhin 400 Mann. Einer weiteren Inschrift zufolge war
schon zwei Jahre zuvor Bebi allein an diesen Ort gereist, ebenfalls "um
jede Art von Pulver[?] zu produzieren".
Das Wort, in dem ich eine Bezeichnung für "Pulver" vermute, mefat,
existiert bisher allerdings in keinem hieroglyphischen Wörterbuch. Fünf Zeichen
für Sandkügelchen oder Staubkörnchen sind ihm nachgestellt, und so sehe ich
darin eine Ableitung der Begriffe fat und fa, die im "Wörterbuch der
Ägyptischen Sprache", mit Fragezeichen versehen, als "Staub" und
"zu Staub werden" übersetzt sind. Unserer Textstelle zufolge hege ich
kaum Zweifel: Es muss sich um fein zerriebenes, sandiges oder toniges
"Pigment" gehandelt haben, das später zu Farbe angerührt werden
konnte. Dazu passen auch die Handwerkertitel, die ich an anderen Stellen am
Felsen gelesen habe: chertiu netscher, "Steinmetze", wörtlich
"zum Königsfriedhof Gehörige". Es waren also Handwerker anwesend, wie
sie ansonsten auf dem Giseh-Plateau arbeiteten. Auch das passt in den Kontext.
Offenbar wurden hier Pigmente für die königlichen Grabbauten gefördert.
In der Tat ist die Umgebung von Dachla für ihre eisenoxidhaltigen
Buntsandsteine und Tonerden bekannt. Bruchstücke davon liegen auch am Fuß
dieses Berges verstreut, zitronengelbe und dunkelbraune, auch fliederfarbige,
bestechend schön. Sieben flache Reibsteine entdecke ich, allerdings keine
Reibschalen. Auch sieben in den Fuß des Felsabbruchs getriebene Nischen
erhalten so einen Sinn. Wurden darin vielleicht die Beutel mit dem
Pigmentpulver oder Werkzeuge wie Metallmeißel und Kugelhämmer gelagert?
Versteckt vor Nagetieren, welche die Lederbeutel hätten anfressen können?
Die Pharaonen haben Prospektoren und Steinmetzen ausgeschickt, um die
Rohstofflager der Wüste zu erkunden: nicht nur zur Beschaffung von Gold,
sondern auch, um Material für die Verzierung ihrer gigantischen Grab- und
Tempelstätten zu fördern - tonnenweise Farbe und erlesenste Bausteine. Was die
Ostwüste und Unternubien anbelangt, so sind derartige Expeditionen gut
dokumentiert.
Dass sie auch in die Westwüste erfolgten, dafür liegt hier nun
der bisher älteste bekannte Beweis vor. Und wir dürfen folgern, dass das
ägyptische Interesse an den Oasen ursprünglich darin bestand, sie als
"Basislager" für derartige Prospektionsunternehmen in der Wüste zu
nutzen.
101102 Wasserberg des Djedefre, keine Pigmente #
77
Hallo Forum,
wieso ich den
Bericht von K.-P. Kuhlmann fast in voller Länge hierher kopiert habe ?
Weil: Kuhlmann
sehr anschaulich viele sinnvolle Fragen stellt, wie denn der enorme
Expeditionsaufwand zu solchen „Pigment-Lagern“
zu rechtfertigen wäre. Alle vagen
Antworten, dass es sich um Farbpigmente handeln könnte passen nicht in das
Erklärungsmuster des Alten Reiches.
Die Kalkulation
zur Liefermenge von ca. 60 Tonnen Eisenmineral innerhalb von zwei Jahren für
die Verwendungszwecke des Pharao Cheops kann im Forum Guardian's Egyptology
Bulletin Board
http://egyptologist.org/discus/messages/6/3529.html?1123356634
nachgelesen
werden.
Im Anschluss daran verliert sich eine jahrelange Diskussion der
Experten, um den Verbleib des Minerals, im Dunkeln der anfangs gedachten
Lösungsvorschläge.
Die Farbe Ocker
in Form des Eisenoxides umfasst das Spektrum von gelblichbraun bis rotbraun und
in sehr ausgewählter Charge ein tiefes Rot, in allen Nuancen aber immer tief
erdig.
Die Idee, nun damit eine Pyramide
anzustreichen kann sich jeder selbst ausmalen ( auf eine Grundierung und dem
Bindemittel zum Pigment für „größere Flächen“ will ich erst gar nicht eingehen
).
Der Symbolgehalt
der roten Farbe verkörperte seit alters her Feuer und Blut. Wäre eine solche
Makulatur des weißen Turakalksteines eine würdige Ausstrahlung oder Ästhetik um
den ewigen Sitz eines gottgleichen König´s
aufzuwerten ?
Zitat von
Kuhlmann:
Was die Ostwüste
und Unternubien anbelangt, so sind derartige Expeditionen gut dokumentiert.
Dass sie auch in die Westwüste erfolgten, dafür liegt hier nun der bisher
älteste bekannte Beweis vor.
Hiermit legt der
Ägyptologe den Grundstein zur Entkräftung der Pigment-Theorie. Denn, in den
eisenhaltigen Grundböden und Gesteinsmassiven Ägyptens sind zugänglichere
Abbaugebiete leichter auffindbar als in der weit abgelegenen Westwüste.
Als potenzielle
Eisenoxid-Lieferanten mit logistischen Vorteilen kämen zusätzlich weitere ca.
sechs Erzgebiete in Frage. Einer lukrativen Hochrechnung zufolge hätten dann
die Beamten der Pyramidenbauhütten des Cheops innerhalb von zwei Jahren mit ca.
420 Tonnen Eisenoxid rechnen können !
Wie viel nun
Cheops tatsächlich abbauen ließ können wir schlecht abschätzen. Eins ist aber
klar, für Djedefre´s Erbschaft war es zu wenig. Auch er bemühte einen Stab von
Spezialisten in die weit entlegene Wüstenlandschaft um vielleicht den
Grundstoff zur Verfertigung eines Metalls mit dem Namen bjA zu prospektieren.
Wie man heute weiß, waren die ersten 14 Höhenmeter seiner Pyramide aus Granit
gebaut – und die wollen erstmal erarbeitet werden.
Und, dass die
Djedefre nicht mit roter Farbe beschichtet war, weiß die Ägyptologin Salima
Ikram. Sie betont in der aktuellen N-tv-Doku „Die verlorene Pyramide“, dass die
Pyramide im Weiß des Turakalksteins erstrahlte.
Fazit:
Die Farbtheorie
erfüllt nicht die bekannten Gegebenheiten im Alten Reich. Insbesondere dann
nicht, wenn es stimmt, dass Cheops ein Bilder- und Dekorationsverbot erlassen
habe.
Somit
dokumentiert die Cheops-Inschrift am Wasserberg des Djedefre den Abbau von
Eisenerzen zur Fertigung von Handwerkszeug verschiedener Gewerke seiner
Bauhütten.
Schöne Grüße,
cq.