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Hier entsteht ein neuer Beitrag
210401  Tuts Eisenbeigaben # 89         

Folgebeitrag zu Seite VIII, Eine Interpretation zu den chemischen Analysen an den Eisenperlen von Gerzeh.  
 
Altes Eisen? Die Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun  


Grundlage dieses Themas ist das 2017 erschienene Buch mit Befunden von F. Ströbele und vier Kollegin-en (1)

Untersucht wurden die Dolchklinge, eine Miniatur-Kopfstüzte, ein Udjat-Amulett und ein 16-teiliges Meißel Set aus Eisen.  

Da sich trotz sorgfältiger wissenschaftlicher Untersuchung der Eisenobjekte einige Fragen stellen, werden im Vorfelde einige Zitate und Auszüge aus dem Buch vorangestellt:  

Die Messungen erfolgten mit einem mobilen XRF-Tracer, dessen Eichkurve auf polierten Oberflächen von zehn verschiedenen Meteoriten einjustiert wurde. Diese Kalibrierung erfolgte durch zwei externe Mitarbeiter (1., S. VII), die scheinbar den Autoren zur Verfügung gestellt wurden.
Wieso man nun u.a. fünf polierte Meteoriten mit einem Nickelgehalt von 16-17 Gew.% zur Kalibrierung benötigt (S. 24), um “altes Eisen“ zu untersuchen?
Der Dolch geschliffen ist, mit gröberen Kratzern, und die 16 Meißel mit Rostpatina (S. 26) überzogen sind?  
Auch war die Oberfläche des Amuletts mit dunkelroter Korrosion Überzogen, die bei Auffindung von A. Lucas entfernt wurde (S.7).
Dieser Sachverhalt stößt auch bei den Autoren auf Verwunderung, was mit: „eine solche vergleichsweise starke Korrosion ist bei Meteoreisen unter den Lagerungsbedingungen im Grab des Tutanchamun jedoch nicht zu erwarten“ kommentiert wird (S. 26)                                 


Weiteres folgt.

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Ergebnisse der Analysen der eisernen Dolchklinge, Seite 27, Tab.3

Die p-XRF Analysen wurden an 10 (verschiedenen?) Messpunkten vorgenommen. Die Grundlage zur Quantifizierung der zu definierenden  Eichkurve bestand aus polierten Proben 10 unterschiedlicher  Meteoriten, wobei fünf davon einem Nickelgehalt von 16-17 Gew.% aufwiesen.        
Die in der Tab.3 angegeben Einzelwerte des Eisendolches, innerhalb der jeweiligen Elemente sind erstaunlich gleichmäßig, es sind nur geringste Abweichungen gemessen worden. So beträgt die jeweilige Differenz innerhalb der analysierten chemischen Elemente in Gewichtsprozent:

bei Eisen      0,4%
bei Kobalt   0,05%
bei Nickel     0,3%

Diese auffallend konstante Bilanz wird nun mit den Werten p-XRF-geprüfter Meteoriten (2, Table A1) verglichen:
Meteorit, Gesamtdifferenz innerhalb der Messwerte in Gewichtsprozent:
Juromenha, poliert, 2 Messpunkte,               Fe   3,6%,   Co    0,0%,       Ni   3,5%
Morasko, poliert, 18 Messpunkte,                 Fe    7,0%,   Co   0,21%,     Ni    5,5%
Morasko verwittert, 10 Messpunkte,             Fe    9,0%,   Co   0,46%,     Ni  11,0%
UAI, poliert/oxidiert, annähernd gleiche Werte,  Fe 13,7%,  Co   0,20%,   Ni  3,4% Gebel Kamil, poliert/rau, annähernd gl. Werte,   Fe  7,0%,  Co  0,81%,    Ni 7,25%

Diese Liste könnte nun beliebig erweitert werden, was den Rahmen hier sprengen würde. Der arithmetische Mittelwert dieser Messungen ergibt folgende Werte:
                                                                  Fe  6,8%,   Co  0,34%,    Ni  8,13%

Verglichen mit den Differenzwerten des Dolches, würde dessen Genauigkeit bei Eisen um das 17-fache, bei Cobalt um das 7-fache, und bei Nickel um das 27-fache konstanter sein als alle bisher bekannten XRF-Analysen!
Schon allein aus diesem Grund sind die Messungen an der Dolchklinge anzuzweifeln.


Um diese signifikanten Differenzen weiter zu ergründen, wurden die Mittelwerte der zur Eichkurve verwendeten Meteoriten berechnet. Mit dem Ergebnis, dass diese ziemlich genau mit den Fe, Co und Ni Werten des Dolches übereinstimmen. Zufall, Vorsatz oder Unkenntnis? Die einzige Erklärung hierzu wäre, dass sich die Software durch unzählige Einschränkungen, dessen Aufzählungen hier zu weit führen würde, nur noch innerhalb der ihr zur Verfügung stehenden Daten – nämlich der Eichkurve – bewegen kann, und daraus interpolierte Werte generiert.

Weiteren Aufschluss könnte der Hinweis Seite 28 geben: “Die einzige zum Vergleich heranziehbare Analyse wurde von D. Comelli erstellt, … die Nickelwerte besitzen jedoch eine signifikante Abweichung, möglicherweise aufgrund von Unterschieden in der Kalibration.“ Somit ist das Rätsel um das himmlische Nickel gelöst, die “Stellrädchen“ an der Kalibration entscheiden über die gewünschten Ni-Werte.




Die Oberfläche der eisernen Klinge

siehe dazu das Hintergrundbild der Umschlagseite des Buches, die zwei Ansichten der Klinge auf Abbildung 17 im Maßstab ca. 1:2, und die Makroaufnahme Abb. 24 auf Seite 19. Mit der Bildbeschreibung “Die Oberfläche der eisernen Klinge ist fein bearbeitet und poliert, nur wenige Schleifspuren längs der Klinge sind erkennbar“.

Poliert sind die industriell geschnittenen Meteoritoberflächen, die feinst geschliffen und mit Polierscheiben der Körnung < 1/1000 mm überarbeitet sind, wobei keine Schleifspuren erkennbar bleiben. Die Klingenflächen des Dolches jedoch, sind längsseitig durchwegs mit Schleifspuren, ja sogar mit gröberen Kratzrillen und auch Querschliff gezeichnet.
Weiterhin zeigen sich auch blasig-porige bzw. schaumartige Strukturen und Hohlräume wie sie bei beim Schmieden von Eisen mit verbliebenen Schlackerückständen üblich wären.
Zudem sind unterschiedliche Metallschattierungen sowie eine flächige Patina erkennbar.
All diese Oberflächenfaktoren, insbesondere die tiefen Kratzspuren und Rillen bedingen unterschiedliche Streuung und Reflektion der XRF-Messimpulse und somit variable Messergebnisse insgesamt, und besonders bei unterschiedlichen Messpunkten. Und somit größere Messdifferenzen ergeben müssten als die zwei oben genannten polierten Meteorite. Weil aber die vorgelegten Messdaten des Dolches so phänomenal konstant sind, widersprechen sie jeden wissenschaftlichen Erkenntnissen.    





Die Meteoriten Vielfalt in der altägyptischen Welt

zeigt sich aus der Diskusion auf Seite 29: “Es besteht der Verdacht, dass das Amulett und die Kopfstütze aus dem gleichen Meteoriten hergestellt sein könnten. … Die Zusammensetzung der Klinge weicht allerdings so weit von den beiden anderen Objekten ab, dass es sich in diesem Fall ohne Zweifel um eine andere Materialquelle handelt.“

Diesen Verdacht erhärtet A. Jambon (2, S. 4) indem er den drei eisernen Grabbeigaben je unterschiedliche Meteoritenherkunft bestätigt. Und im Anhang S.14: “In others words Tutankamun`s treasure was the first meteorite collection ever!“ Hierbei ist aber das 16-teilige Meißel Set noch nicht berücksichtigt.
Sollte dies zusätzlich anderes Meteoritenmaterial sein, hätte Tut (ca. 1320 B.C.) tatsächlich vier verschiedene Meteoritenarten an Bord gehabt.

Einen weiteren Meteoriten identifizierte Jambon (2, S.2) in der Merenptha Axt (ca. 1200 B.C), gefunden in Ugarit/Syrien. In zehn Analysepunkten durch p-XRF, konnte ein Ni-Durchschnittswert  von 4,03 Gew.% ermittelt werden. Die min/max Werte liegen bei 1,72  und 7,59 Gew.%, was einer Messdifferenz von 5,8 Gew.% entspricht (siehe oben, Messdifferenz beim Dolch nur 0,3 Gew.% !).
Trotz des niedrigen Nickelgehaltes konnte Jambon durch anschauliche Berechnungen die meteoritische Herkunft ableiten. Dies könnte Meteorit Nr. 5 sein, der innerhalb von 100 Jahren verarbeitet wurde.

Der aber bislang in Ägypten einzig bekannte Meteorit ist der von Gebel Kamil, deren Zusammensetzung nicht mit den oben erwähnten Varianten vereinbar ist, somit Nr.6 ?  Wenn man nun noch im Jahr 2010 A.D. ca. 5000 Fragmente mit einem Gesamtgewicht von ca. 1,7 Tonnen oberflächlich auflesen konnte, wieso war Dieser für die alten Völker völlig uninteressant? Wenn doch Meteoriteisen den 8-fachen Preis des Goldes hätte haben sollen?
Jambon spricht inzwischen vom 10-fachen Wert (Reportage in der Süddeutschen Zeitung vom 11.01.2018).    




Meteoriteisen den 8-fachen Wert des Goldes?

Diese Floskel wird bei Meteorite-Befürwortern immer gerne vorgeführt. Dazu sollte man wissen, dass spätestens in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. nichtmeteoritisches Eisen in Troja und Alaca Hüyük mehrfach belegt ist.(4)

In altassyrischen Texten aus Handelsarchiven (Karum Kanesh, Kultepe) und in Belegen der syrischen Handelsstadt Mari, um 1900 B.C., sind die Nennungen für Schmiedeeisen zahlreich, und  hochrangige Personen schicken den König von Mari eiserne Ringe (Barren?) (5, S.40).

Da nun ebenfalls die o. g. Wertangabe aus einem altassyrischen Keilschriftfragment um 1900 B.C., übersetzt wurde, kann sich der Textinhalt nur auf das dort gehandelte Schmiedeeisen beziehen.

Dazu Ströbele (1, S.29): „Zum anderen liegen auch keine historischen Quellen vor, die erkennen lassen, ob Meteoreisen, wie andere Rohstoffe auch, gehandelt wurde“.

Auch das Werteverhältnis kann so nicht passen, da man ansonsten für 8 kg Gold nur 0,125 Liter (0,125 cdm3 = 1 kg Fe) Eisen erhalten hätte.

Angepriesene Waren wurden in festgelegten  Einheiten gehandelt, wie z.B. Stoffe in Ballen, Öl in Krügen, Getreide in Körben, Eisen in Talente (1 Talent = ca. 30 Kg, wie auch im Neuen Reich die kupfernen Ochsenhautbarren) und Gold in Schekel, was ungefähr 9 Gramm wiegt (und mit dem ägyptischen Kite ziemlich übereinstimmt).

Die logische Übersetzung kann also nur lauten: 8 Einheiten Eisen für eine Einheit Gold (30*8/9= 26,6 Kg/1g Au). Man erhält also für 1 Gramm Gold ca. 27 kg Eisen.

Tutanchamuns Großmutter, Taduhepa die Königstochter der Mitanni (1360 B.C.), bekam von ihrem Vater Tusratta als Mitgift unter anderem:
12 Eisenarmringe,
1 Eisenkeule,
3 Eisendolche und
10 Lanzen mit Eisenspitzen (5, S.47).
Tusratta untermauerte damit lediglich die Ebenbürtigkeit seiner Tochter als Ehefrau mit Amenophis III, indem sie aus einem Land kommt, dass dem technologisch veranlagten Ägypten in nichts nachsteht.

Und übrigens, wäre Tut`s Dolch aus Oma`s Erbe, hätte Ströbele und Kollegin-en per p-XRF nachgewiesen, dass verhüttetes Schmiedeeisen 12% Nickel enthalten kann.


Auch bestätigt das Antwortschreiben mitsamt Beigabe mehrerer Schwertklingen (Dolche ?) von Hattusilis III, an einen befreundeten assyrischen König (5, S.44), dass wohl bei dieser gut gemeinten Geste, der Wert eiserner Schmiedestücke um ca. 1270 B.C., zu vernachlässigen ist.


Dazu Ströbele (1, S. 21): „Bereits für das 16. Jahrhundert v. Chr. ist die Eisenproduktion im Hethitischen Reich belegt“.

Für diesen Zeitraum, und dem oft zitierten „Hethitischen Eisenmonopol“ konnten inzwischen neueste Studien nachweisen, dass die Hethiter in keiner Weise, der restlichen Welt, technologisch „überlegen“ waren (6, S.38).


Im Relief der Metallarbeiterszene des Kaemrehu (5. Dynastie) 2450 B.C.,  wird erstmals der von zwei Schmelzern betriebene Rennofen, die Schmiedeesse mit aufliegenden großen Brocken und das Schmieden von handgroßen Werkstücken für das Alte Ägypten belegt.
Der verarbeitete Werkstoff wird mehrfach als bj3 benannt.
Siehe dazu die Ausführliche Beschreibung auf meiner Homepage Seite XIII und Seite XV.







Noch ein Wort zum Nickelgehalt von Meteoriten:

Um im Vorweg Meteoriteisen von verhüttetem Eisen zu unterscheiden gilt bei Fachleuten der Übergangswert von ca. 5 % Nickelgehalt, wobei in Einzelfällen irdische Eisenerze mit wesentlich höheren Werten anzutreffen sind.
Meteoriten-Befürworter setzen grundsätzlich den Schwellenwert bei 4% an.

Jambon (2, Table A2) listet 174 Stück Eisennickel-Meteorite, davon sind 159 Stück mit 6 – 20% und nur 15 Stück mit einem Nickelgehalt von 5,5 – 6%. Demnach würde also der Grenzwert bei ca. 5,5 % liegen!
Aber wie groß ist die Chance einen solch grenzwertigen Meteoriten zu finden, zu bearbeiten und der Nachwelt zu überliefern?

Hat man Jahrtausende lang gegossene Pfeilspitzen aus Kupfer mit Steinen gerade gebogen, woher hätte die hochkarätige Schmiedekunst des Amuletts, der Miniatur Kopfstütze und der Dolchklinge, bestehend aus einer Eisenlegierung, wie aus dem Nichts entstehen können, ohne mit diesem Werkstoff als Unikat, genügend Erfahrung zu besitzen?


Zudem ist sich die heutige Fachwelt der Schmiedezunft einig, dass Eisennickel-Meteorite prinzipiell nicht schmiedbar sind. Nach mehrmaligen Erhitzungs- und Verformungsversuchen unterliegen sie dem  “Bröselzerfall“.
Auf dem Weltmarkt sind keine geschmiedeten Werkstücke aus Meteoriten erhältlich, obwohl doch der Rohstoff vorhanden wäre.  






Ein kurzes vorab-Fazit:

Alle in den letzten Jahren vorgenommene Versuche/Experimente aussagefähige Analysen zu erstellen - zur Beurteilung von vorchristlichen Eisenwerkstoffen - werfen immer wieder neue Fragen auf. Auch die Verfasser von Studien erkennen Problematiken, die oft nur mit spekulativen Interpretationen zu beantworten sind.



Ein neues Konzept gehen Yussri Salem, Omid Oudbashi und Doaa Eid (3), die sich Interdisziplinär mit fundierten Spezialisten und mitsamt ausgereifter Technik an eine vorsichtige Herangehensweise zur Beprobung “alten Eisens“ befassen.
Ohne gleich mit 18-karätigen Himmelskörpern auf harmloses Eisen zu schießen.



 





Quellen:  

1) Ströbele F., K. Broschat, C. Koeberl, C. Eckmann, E. Mertah,
Himmlisch!: Die Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun, 2018.
Wertvolle Anregungen erfolgten u. a. von Thilo Rehren.  

2)  Jambon A., Bronze Age iron: Meteoritic or not? A chemical strategy, Journal of Archaeological Science, 2017.
Seiten 1-7 und Anhang: On-Line Supplementary Material Seite 10-14.
Sowie maßgeblich beteiligt bei: “5000 years old Egyptian iron beads made from hammered meteoric iron”,  Journal of Archaelogical Science: Thilo Rehren, et al., 2013.      


Autoren, die sich mit Analysen zu den Eisenperlen aus Gerzeh, bzw. den Eisenbeigaben des Tutanchamun beschäftigt haben:
T. Rehren, A. Jambon, D. Johnson, D. Comelli und F. Ströbele.
Hierbei handelt es sich teils um kollegiale Zusammenarbeit, in allen Fällen jedoch um gegenseitige Erwähnung derer Arbeiten. Somit wird nicht nur die Eigene These, sondern auch die der Kollegen gestützt.


3) Yussri Salem, Omid Oudbashi, Doaa Eid, Characterization oft he microstructural features and the rust layers of an archaeological iron sword in the Egyptian Museum in Cairo (380-500 A.D.), 2019


4) Pernika E., Gewinnung und Verarbeitung der Metalle in prähistorischer Zeit, 1990

5) Nieling Jens, Die Einführung der Eisentechnologie in Südkaukasien und
    Ostanatolien während der Spätbronze- und Früheisenzeit, 2009

6) Graber-Pesonen Joelle, Eisen in der Eisenzeit – Die Metallurgie Vorderasiens in
    der neuassyrischen Zeit, 2014



Altes Eisen? Die Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun  

Himmlisch!: Die Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun?




      




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Altes Eisen? Die Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun  
Beitrag 2a

Zu: Himmlisch!: Die Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun

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Assuan,
Lageplan der Eisenmine gegenüber von Elephantine, am Gebel Qubbet el-Hawa


Quelle: https://per-storemyr.net/2014/01/16/new-paper-ancient-desert-and-quarry-roads-at-aswan/